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Die reformierte Kirche Wipkingen hat seit 2019 keine religiöse Bedeutung mehr. Sie soll als Verpflegungs- und Betreuungsraum für die Schulanlage Waidhalde genutzt werden. Bild: Amt für Städtebau

Schule zieht in die Kirche

Von: Ginger Hebel

07. Juni 2022

Umnutzung: Für acht Millionen Franken lässt die Stadt Zürich die reformierte Kirche Wipkingen zum Schulraum umbauen. Das Pionierprojekt soll die angespannte Lage an den Schulen entschärfen. 

Zu viele Kinder, zu wenig Schulraum. Im Einzugsgebiet der Schule Waidhalde in Wipkingen leben derzeit besonders viele Kinder im vorschulpflichtigen Alter. Baugenossenschaften erstellen zahlreiche Familienwohnungen. In den kommenden Jahren wird daher zusätzlicher Schulraum erforderlich sein, der bis jetzt fehlt. Die Stadt Zürich rechnet allein im Raum Wipkingen mit 30 Prozent mehr Schülerinnen und Schülern und rund zehn zusätzlichen Primar- und Sekundarklassen bis zum Schuljahr 2031/32.Unkonventionelle Wege sind dringend nötig, um die Schulraumknappheit zu entschärfen.

Klimajugend und Schüler

Ab Sommer 2026 soll die reformierte Kirche Wipkingen als Verpflegungs- und Betreuungsraum für 100 bis 150 Schülerinnen und Schüler genutzt werden. Auch sollen in der Kirche eine Bibliothek und ein Mehrzwecksaal Platz finden. «Dieses Pionierprojekt zeigt, wie auch mit unkonventionellen Lösungen neuer Schulraum entstehen kann», sagt Hochbauvorsteher André Odermatt. Auch Schulvorsteher Filippo Leutenegger ist froh, dass mit dieser kreativen Lösung der anhaltend hohe Schulraumbedarf im Schulkreis Waidberg entschärft werden kann. «Da wir keine zusätzlichen Züri-Modular-Pavillons stellen müssen, bleibt der wertvolle Freiraum um die Schulanlage erhalten und kann sogar rund um die Kirche erweitert werden.»

Die bauliche Herausforderung ist nicht zu unterschätzen. Machbarkeitsstudien haben gezeigt, dass sich der grosse Kirchenraum nicht für ein Klassenzimmer eignet, da zu wenig Tageslicht einfällt. Man müsste die Mauern aufbrechen, was aus Gründen des Denkmalschutzes nicht möglich ist. Ein Raum für Betreuung und Verpflegung kann jedoch ohne grosse bauliche Veränderungen errichtet werden. Mit dem Einbau von schwebenden Kuben können die notwendigen Flächen geschaffen werden. Damit jedoch nur die isolierten Kuben und die Räume im Erdgeschoss beheizt werden müssen und nicht die ganze Kirche, soll zwischen Erd- und Obergeschoss ein transparentes Folienkissen als Dämmschicht eingezogen werden (Visualisierung, Bild unten).

 

Die genaue Ausgestaltung wird in einem Architekturwettbewerb ermittelt. Die Zahl der Kirchengänger nimmt stetig ab. Die Kirche muss sich daher überlegen, wie sie ihre Immobilien künftig nutzen möchte. Die reformierte Kirche Wipkingen ist bereits seit 2019 nicht mehr als religiöse Stätte im Gebrauch. 2020 wurde sie befristet an den Verein Klimastreikräume zur Gebrauchsleihe übergeben. Die Zwischennutzung endet spätestens mit Beginn des Umbaus Anfang 2025. Für die reformierte Kirchgemeinde Zürich ist die Umnutzung der Kirche Wipkingen das erste grössere und wegweisende Projekt aus der Zusammenarbeit mit der Stadt. Michael Hauser, Ressortleiter Immobilien der Kirchenpflege, sieht darin eine Win-win-Situation für beide Seiten. «Während der Bedarf an Schulraum in Zürich wächst, bieten unsere Häuser Chancen und Raum für zusätzliche Nutzung.» Geplant ist, kirchliche Räume auch für andere Nutzungen zu öffnen.

Bis ins Jahr 2035 können theoretisch 6 von 43 Kirchen in Zürich umgenutzt werden. Michael Hauser: «Eine Kirche darf auch mal still sein. Wenn wir es aber nicht schaffen, eine Kirche offenzuhalten, dann ist es richtig, über eine andere Nutzung nachzudenken.»

Was ist Ihre Meinung zum Thema? echo@tagblattzuerich.ch

 

 

 

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