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Ohne Trottoir und Vortritt zum Kindergarten Kosakenweg. Seebacher wie Theo Schilter finden das gar nicht gut. Sie wollen mehr Begegnungszonen im Quartier. Bild: Theo Schilter

Seebach will Strassen für alle

Von: Ginger Hebel

14. Februar 2023

Tempo 20 für Fahrzeuge in Quartierstrassen – zum Wohle der Fussgängerinnen und Fussgänger. Die Seebacher Quartierbevölkerung setzt sich für mehr Begegnungszonen und Verkehrssicherheit ein. 

Mehr Verkehrssicherheit und Lebensqualität. Das wünschen sich Anwohnerinnen und Anwohner in Seebach. Über den Buhnrain führt der Weg zu zwei Schulhäusern und zwei Kindergärten. «Er ist schmal und unübersichtlich, mit Gegenverkehr, und wird von vielen Elterntaxis befahren. Die Fussgänger sind in der Mehrzahl und sollten Vortritt bekommen», ist Theo Schilter überzeugt.

27 Jahre lang hat er am Buhnrain gelebt. Seit acht Monaten wohnt er in einer angrenzenden Begegnungszone. «Die Atmosphäre in der Strasse ist am neuen Ort deutlich familiärer, die Nachbarschaft wird mehr gelebt.» Er engagiert sich im Quartierverein Seebach und sammelt mit Anwohnerinnen und Anwohnern Unterschriften für zwei neue Begegnungszonen im Buhnrain und in der Eigenwasenstrasse. Auch die Seebacher Nachbarschaftshilfe sowie die Gruppe «care kultur seebach» unterstützen die Gesuche.Quartierstrassen seien nicht nur Verkehrsfläche, sondern gleichzeitig auch Aufenthaltsort für Menschen.

143 umgesetzte Zonen

Begegnungszone bedeutet in erster Linie Verkehrsberuhigung. Nur in Tempo-20-Zonen haben Fussgängerinnen und Fussgänger immer Vortritt gegenüber den Autofahrenden – auch ohne Fussgängerstreifen. Nicht nur Autofahrerinnen und Autofahrer müssen in solchen Zonen Rücksicht aufs Fussvolk nehmen, auch Personen auf dem Velo oder Trottinett. «Eine Begegnungszone umfasst aber kein Fahrverbot. Es geht darum, den öffentlichen Aussenraum von Wohnsiedlungen aufzuwerten und letztlich auch um den Sicherheitsaspekt und die Lärmreduktion», erklärt Quartiervereinspräsident Albert Frölich und betont: «Durch neue Begegnungszonen werden Hauptachsen nicht tangiert.»

Die Dienstabteilung Verkehr der Stadt Zürich bestätigt auf Anfrage, dass sie die Einführung von Begegnungszonen begrüsse, wo diese sinnvoll seien und einen Mehrwert der Bevölkerung bringen. In der ganzen Stadt gibt es 143 umgesetzte Begegnungszonen. «Es gehen immer wieder Begehren / Gesuche ein oder die Stadt plant von sich aus Begegnungszonen», sagt Nadja Häberli von der Dienstabteilung Verkehr. Letztes Jahr wurden 22 Begegnungszonen publiziert und 16 umgesetzt. Bei vier Zonen läuft ein Rechtsmittelverfahren. Die übrigen werden im laufenden Jahr umgesetzt. Gesuche werden von der städtischen Arbeitsgruppe «Temporegime» geprüft. Diese setzt sich aus Fachpersonen des Tiefbauamts, den VBZ, des Büros für Sozialraum & Stadtleben sowie der Dienstabteilung Verkehr zusammen. Wenn keine Einsprachen eingehen, erfolgt anschliessend die Umsetzung.

Verkehrsarme Strassen

Lässt sich jede beliebige Quartierstrasse zu einer Begegnungszone aufwerten? «Begegnungszonen sind dort geeignet, wo die Strasse nicht nur als Verkehrsfläche genutzt wird, sondern auch als Aufenthaltsort und Treffpunkt», erklärt Häberli. Gewisse Kriterien erhöhen die Chance: verkehrsarme Strasse, kein nennenswerter Durchgangsverkehr, Tempo 30 auf den angrenzenden Strassen, starker Bezug zu angrenzenden Wohnhäusern und Vorgärten. Bei Quartierstrassen mit vielen Parkplätzen wird einer Begegnungszone oftmals nur dann zugestimmt, wenn ein Teil der Parkplätze aufgehoben wird.

Nicht nur positives Echo

Nicht alle Verkehrsteilnehmenden haben Freude an diesen Plänen. «Die Stadt tut alles, um uns Autofahrer auszubremsen und auszugrenzen, das ist nicht richtig», enerviert sich Paula Schmid, die täglich mit dem Auto von Oerlikon via Seebach nach Höngg fährt. «Bei so vielen 20er- und 30er-Zonen vergeht einem die Lust am Autofahren, und auch am Wohnen in der Stadt.»

Der Zürcher Stadtrat will Tempo-30-Zonen flächendeckend in der ganzen Stadt massiv ausbauen. Auch der öffentliche Verkehr ist vom strengeren Tempo-Regime betroffen. Es braucht zusätzliche ÖV-Verbindungen, weil Trams und Busse für die gleiche Strecke mehr Zeit benötigen, was auch Pendlerinnen und Pendler spüren werden.

In Seebach gab es per Ende 2022 acht umgesetzte Begegnungszonen (Ausserdorfstrasse, Bahnhaldenstrasse / Höhenring, Buhnstrasse, Ettenfeld Süd, Felsenrain, Hegnauweg, Honigstrasse, Rudolf-Hägi). Rechtskräftig, aber noch nicht umgesetzt oder geplant sind vier weitere (Grubenacker, Katzenbachstrasse, Schönauring, Sperletweg). Für Theo Schilter ist klar: Seebach hat für seine knapp 27 000 Einwohnerinnen und Einwohner zu wenig solche Begegnungszonen – «20 weitere braucht es». Auch für den Kosakenhügel ist eine Unterschriftensammlung in Planung. «Hier könnte die grösste zusammenhängende Begegnungszone der Stadt entstehen», freut er sich. Iris Ritte, Geschäftsführerin Alters- und Pflegeheim Grünhalde, betont: «Der Verkehr, nicht nur die Autos, auch alle E-Roller, et cetera sind eine grosse Herausforderung auf unseren angrenzenden Strassen und Gehwegen. Mit verkehrsberuhigten Zonen könnten unsere Bewohnenden den Aussenraum vermehrt nutzen, dies führt zu Begegnungen und steigert die Lebensqualität.»

Was ist Ihre Meinung zum Thema? echo@tagblattzuerich.ch

 

 

 

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