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Stadtschreiberin Claudia Cuche-Curti geht Ende Mai in Pension. Sie war die erste Frau in diesem Amt. Bild: Christian Lanz

Sie brachte die Stadtkanzlei auf die "Landkarte"

Von: Ginger Hebel

07. Mai 2024

Zwölf Jahre lang war Claudia Cuche-Curti die rechte Hand des Stadtrats. Ende Mai geht sie in Pension. Verantwortung sei Privileg und Bürde zugleich. Sie freut sich auf den neuen Lebensabschnitt. Von Ginger Hebel

Die Tage im lichtdurchfluteten Büro im Stadthaus mit Blick auf das Grossmünster und die Limmat sind gezählt. Zwölf Jahre lang war Claudia Cuche-Curti die rechte Hand des Stadtrats, amtete als 16. Stadtschreiberin von Zürich. Jetzt steht sie kurz vor ihrer Pensionierung und lässt die Zeit Revue passieren. Gefreut habe sie sich, als sie im Jahre 2012 für diese spannende Funktion auserwählt worden sei – als erste Frau in diesem Amt. «Es handelt sich um eine einzigartige Funktion, sonst gäbe es keine Zählung. Es war aber auch Zeit, dass diese verantwortungsvolle Position einmal mit einer Frau besetzt wurde», sagt Claudia Cuche-Curti und lächelt. Mit viel Elan führte sie die Stadtkanzlei mit über 70 Angestellten. Ihr Anspruch an sich selber: jede und jeden ihrer Mitarbeitenden mit Namen kennen. «Bei einem Betrieb dieser Grösse muss das drinliegen», ist sie überzeugt.

Als Chefin legte sie grossen Wert auf einen kollegialen Umgang und Respekt. Auch war es ihr wichtig, ein offenes Ohr für andere Meinungen zu haben. Systematisch baute sie Kompetenzen im Team auf und brachte die Stadtkanzlei auf die «Landkarte». «Heute sind wir als anerkannte Anlauf- und Koordinationsstelle präsent.» Bei der Stadtkanzlei laufen viele Fäden zusammen.

Im Stadthaus finden alle wichtigen Sitzungen des Stadtrats statt. Die Stadtverwaltung ist mit ihren rund 30 000 Mitarbeitenden so vielfältig und komplex wie kaum ein anderer Konzern dieser Grössenordnung. Die Aufgaben sind auf neun Departemente und diese auf mehrere Ämter verteilt, die ihre eigenen Abläufe, Zuständigkeiten und Prioritäten haben. «Ansprüche seitens Parlament und Bevölkerung müssen erfüllt werden und unzählige rechtliche Auflagen, die in Erlassen aller drei föderalen Ebenen festgehalten sind, sind einzuhalten», beschreibt Cuche-Curti die Herausforderung. Hinzu kämen erschwerende Faktoren wie nicht unendliche Finanzen, zunehmende Digitalisierung, Verknappung von Ressourcen und Zielkonflikte. Cuche-Curti hatte in ihrer Schlüsselposition die Verantwortung für die Durchführung der Abstimmungen und Wahlen, war bei Stadtratssitzungen mit beratender Stimme dabei. Sie prüfte an den Stadtrat gerichtete Geschäfte und leitete sie an die zuständigen Stellen weiter. Auch Einbürgerungen landeten auf ihrem Tisch. «Bei den Einbürgerungsgesprächen lernt man die unterschiedlichsten Personen kennen, und bei den Urnengängen ist die Zusammenarbeit mit den Milizorganisationen eine Herausforderung. Besonders gern war ich jeweils im Stimmlokal im Stadthaus präsent, da gab es jedes Mal spannende Begegnungen und Situationen», erzählt Claudia Cuche-Curti.

Berufswunsch Musikerin

Die gebürtige Stadtzürcherin wuchs in Fluntern auf und studierte Jura, wie ihr Vater, Grossvater und Grossonkel. Ein Herzentscheid sei das damals nicht gewesen. «Eigentlich wollte ich Musikerin werden.» Rückblickend sei das Jus-Studium jedoch ein guter Entscheid gewesen. «Es ist eine gute Grundlage für die berufliche Weiterentwicklung – in welche Richtung auch immer.» Ihr Studium finanzierte sie sich als Reiseleiterin und sah dadurch schon früh viel von der Welt, wofür sie dankbar ist. In starker Erinnerung bleibt ihr eine Fahrt in den 80er-­Jahren mit der Transsibirischen Eisenbahn durch die endlosen sibirischen Birkenwälder. Oder der Abend auf einem Schiff vor dem Tempel in Abu Simbel (Ägypten), nachdem alle touristischen Besuchenden abgereist waren. «Und die unendlich blaue Weite des Atlantiks während der Überfahrt von New York nach Europa ist einfach nur wohltuend», schwärmt Cuche-Curti. Bei ihrer ersten Stelle am Gericht merkte sie schnell, dass das nicht das Richtige für sie ist. Sie heuerte bei der VBZ als Hausjuristin an und konnte ins Team der Unternehmenskommunikation einsteigen. Sie spezialisierte sich immer mehr auf interne und externe Kommunikation, arbeitete als Generalsekretärin beim Tages-Anzeiger und beim Medienhaus Tamedia (heute TX Group) als Co-Leiterin Unternehmenskommunikation. Beim frisch gegründeten Thinktank Avenir Suisse übernahm sie erst Projekt-, dann Management-Aufgaben im Rahmen der Betriebsführung und der Stiftungsorgane. «Die Erfahrungen aus Juristerei, Kommunikation und Management waren das Einstiegsticket in meine Funktion als Stadtschreiberin», ist Cuche-Curti überzeugt.

Versandpanne als Schock

Ihre Zeit im Stadthaus war von Herausforderungen geprägt. Ein kollektiver Schock sei die Versandpanne vor drei Jahren gewesen, als ein Rekursschreiben des Stadtrats liegenblieb und der Stadtrat dadurch im – für ihn sehr wichtigen – Verfahren unterlag. «Hier war intern starke Führung gefragt, ein kühler Kopf und Fingerspitzengefühl, um einerseits das Ausmass des Fehlers nicht herunterzuspielen und andererseits das Selbstvertrauen wieder aufzubauen und Sicherheit zu vermitteln», betont Cuche-Curti. Eine weitere Schwierigkeit war der heikle Entscheid über die offizielle Nachzählung des Ergebnisses der Parlamentswahlen 2014. Dieser hatte sich aufgedrängt, nachdem eine Partei auf den Punkt genau die erforderliche Stimmenzahl erreichte. «Bei der Nachzählung stellte sich eine tiefere Stimmenzahl heraus, so dass diese Partei aus dem Parlament ausschied.» Einen Erfolg darf die Stadtkanzlei bei der Abstimmungspublikation für sich in Anspruch nehmen: «2020 überführten wir die Abstimmungspublikation in ein neues Layout, das auf klare Strukturen und wesentlich kürzere und verständlichere Erläuterungen setzt und weiterführende Inhalte in der digitalen Version verlinkt. Damit sind die Abstimmungserläuterungen viel zugänglicher geworden.»

Als Stadtschreiberin war Claudia Cuche-Curti jahrelang die Schnittstelle zwischen Administration und Politik. In all den Jahren habe sie nur etwa die Hälfte ihrer Ferien bezogen, an den Wochenenden oft daheim gearbeitet, weil die Stadtratsgeschäfte dies verlangten. «Die Verantwortung ist Privileg und Bürde zugleich. Nach zwölf Jahren habe ich den Eindruck, meinen Job gemacht zu haben, und am Ende meiner beruflichen Laufbahn bin ich tatsächlich froh, Platz für die nächste Generation machen zu dürfen.» Ihr Rat an ihren Nachfolger Thomas Bolleter (kl. Box): «Wachsam sein, die Fäden in der Hand behalten und Hindernissen mit Diplomatie begegnen.»

Mehr Zeit fürs Leben

Claudia Cuche-Curti kann gut loslassen. Sie freut sich auf den neuen Lebensabschnitt, auf mehr Zeit fürs Leben. «Ich möchte mir für alles Zeit nehmen und werde nicht mehr auf die Uhr schauen müssen.» Endlich hat sie wieder Zeit für ihre Freundschaften, Museen, Postauto-Bergstrecken, fürs Kochen und Lesen und die Oper. Über 30 Jahre lang hat sie im Zusatzchor des Opernhauses gesungen. «Leider wird die Stimme mit dem Alter nicht besser. Aber ich kann nun endlich wieder regelmässig Vorstellungen im Opernhaus und vielleicht auch noch an anderen Opernhäusern besuchen.» Mit ihrem Mann lebt die bald 65-Jährige in einer Neubauwohnung in der Stadt Zürich. Wichtig sei ihnen ein Rückzugsort, an dem sie sich wohl fühlen. Sie habe aber auch Respekt vor der Zeit, die noch kommt: «Es liegt an mir, neue Strukturen zu schaffen.»

Neuer Stadtschreiber Der Stadtrat hat Thomas Bolleter (50) als Nachfolger von Claudia Cuche-Curti zum neuen Stadtschreiber der Stadt Zürich ernannt. Er tritt seine neue Funktion am 1. Juni an. Bolleter bringt langjährige Erfahrung in der öffentlichen Verwaltung auf sämtlichen Staatsebenen mit. Nach Abschluss des Studiums war er beim Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Zürich in der Standortförderung tätig. Von 2006 bis 2012 arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Bundesamt für Verkehr in der Abteilung Politik. 2012 wechselte er zur Stadt Winterthur, wo er zunächst bei der Stadtentwicklung als Verantwortlicher Aussenbeziehungen tätig war.

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