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Tempo 30 auf Hauptstrassen wie hier an der Haltestelle Seilbahn Rigiblick führen laut Sicherheitsdepartement zu einer «Verstetigung des Verkehrs». Bild: TA/Samuel Schalch

Tempo 30: Die Stadt bremst den TCS aus

Von: Sacha Beuth

17. April 2018

Das Bundesgericht hat entschieden: Die Stadt Zürich darf auf rund

20 Strassenabschnitten die Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h reduzieren. Beim TCS, der gegen das Vorhaben rekurriert hatte, ist der Ärger gross.

Fast fünf Jahre hatte der Rechtsstreit zwischen der Stadt Zürich auf der einen und dem TCS, ACS und Privatpersonen auf der anderen Seite wegen etwa 20 neuen Tempo-30-Strassenabschnitten (siehe Grafik) gedauert. Nun ist nach einem Bundesgerichtsentscheid klar: Die Stadt darf an den geplanten Stellen – und somit teilweise auch auf Hauptstrassen – die Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h reduzieren. Die übermässige Umweltbelastung durch Lärm rechtfertige die Geschwindigkeits­reduktion, begründeten die Lausanner Richter ihren Entscheid.

Mehr Ausweichverkehr?

Bei der unterlegenen Seite sorgt der Urteilsspruch für Unverständnis und Verärgerung. «Das ist ein politischer Entscheid und keiner, der auf Expertenmeinungen beruht. Die Ideologie hatte mehr Gewicht als die Verkehrssicherheit», ist TCS-Geschäftsführer Reto Cavegn überzeugt. Zwar werde man das Urteil der letzten ­juristischen Instanz akzeptieren, jedoch weiter gegen eine flächen­deckende Einführung von Tempo 30 kämpfen. Cavegn sieht nach wie vor die Gefahr, dass durch die wegen der Temporeduktion aufgeweichte Strassenhierarchie mehr Unfälle passieren werden und es vermehrt zu Ausweichverkehr in Wohnquartieren kommen werde. «Es ist vollkommen logisch, dass bei gleicher Höchst­geschwindigkeit der Automobilist immer den kürzeren Weg wählen wird.»

Komplett anderer Ansicht ist man beim Sicherheitsdepartement der Stadt Zürich. «Wir erwarten grundsätzlich keinen Ausweichverkehr», sagt Mediensprecher Robert Soos. «Die ‹neuen› Strecken sind nicht zuletzt aufgrund der Vortrittsregelungen – keine Rechtsvortritte für einmündende Strassen – attraktiver. Zudem ist beim Befahren von Quartierstrassen, die als vermeintliche Abkürzungen angesehen werden, mit ein- und ausparkierenden Fahrzeugen zu rechnen. Es herrscht Rechtsvortritt, und das Kreuzen ist aufgrund von versetzten Parkierungen erschwert. Dies führt zu einem Zeitverlust.» Das sehe auch das Bundesgericht so.

Auch im Bereich Lärmschutz – dem Hauptgrund für die Einführung der hier behandelten Tempo-30-Zonen – gehen die Meinungen auseinander. «Die Lärmbelastung kann infolge der Signalisationsänderung auf Tempo 30 durchschnittlich um 3 Dezibel im Dauerschallpegel und um 6 Dezibel bzgl. der Spitzenpegel gesenkt werden. Damit kann die gesundheitsschädliche Lärmbelastung wirksam vermindert werden», erklärt Soos. «Die Temporeduktion bringt bezüglich Lärm nichts», widerspricht Cavegn. Erhebungen würden zeigen, dass nach einer Reduktion von 50 auf 30 km/h nur ein kleiner Teil der betroffenen Anwohner unter die Lärmgrenzwerte falle. Die Lärmquellen seien völlig unterschiedlich, und zudem sei ein konstant fliessender Verkehr weniger ­störend als etwa Partylärm. Das ­Sicherheitsdepartement wiederum sieht gerade in der Temporeduktion eine Massnahme, den Verkehr zu verflüssigen, da es bei Tempo 30 zu einer «Verstetigung des Verkehrs» komme.

Die Stadt macht sich nun daran, die Tempobegrenzung in den geplanten Abschnitten «möglichst zeitnah» umzusetzen. Das Urteil will man im Übrigen nicht als Freipass für eine flächendeckende Einführung von Tempo 30 in Zürich verstanden ­wissen. Allerdings erklärt Soos, dass die Stadt laut Gesetz überall dort Temporeduktionen einführen kann, «wo eine derartige Massnahme zur Reduktion einer übermässigen ­Umweltbelastung wie etwa Lärmemissionen nötig, zweck- und verhältnismässig ist».

Was ist Ihre Meinung zum Thema? Schreiben Sie uns: www.echo@tagblattzuerich.ch

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Leserkommentare

Judith van der Linde - Zum Beispiel ist die 30er Zone in der Zollikerstrasse wenig zielführend. Die Wohnhäuser liegen etwas zurückversetzt von der Strasse und ich (aufgewachsen in einem solchen Haus) habe mich nie durch Verkehrslärm gestört gefühlt. Allerdings musste ich schon
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