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Ist für den Kunden praktisch, für den Händler aber mit teilweise hohen Gebühren verbunden: Bezahlung mit Bankkarten. Bild: adobe stock

Über Gebühr belastet?

Von: Sacha Beuth

01. Juni 2021

Während der Coronakrise hat der Gebrauch von Bargeld noch stärker ab- und der von elektronischen Zahlungsmitteln wie Debitkarten und Twint noch stärker zugenommen. Sehr zum Leidwesen vieler KMUs in Zürich, die für jede Transaktion Gebühren zahlen und dazu kaum Alternativen haben.

Als der «Blick» vor rund einer Woche über die «Gebührenerhöhung» der neuen Debitkarten von Visa und Mastercard und die «Gebührenabzocke» durch Twint berichtete, sorgte dies für ziemliches Aufsehen. Zumal die Zeitung vorrechnete, dass seit der Einführung von Debit Mastercard und Visa Debit die Händler für den elektronischen Zahlungsverkehr bis zu 36-mal mehr zu berappen hätten. Und mit Twint würden die KMUs sogar regelrecht «geschröpft».

Doch sind die Gebühren überhaupt gestiegen? Und falls ja: Wer ist dafür verantwortlich? Und wie stark sind die Unternehmen davon betroffen?

Um das alles richtig verstehen und einordnen zu können, muss man erst einmal wissen, wie der Zahlungsverkehr mit Debitkarten, Twint und Co. funktioniert. Grundsätzlich fällt bei jeder Bezahlung mit diesen elektronischen Zahlungsmitteln eine Transaktionsgebühr an, wobei diese je nach Kartentyp, Herkunftsland der Karte, Branche und Grösse des Händlers oder genutzter Technologie unterschiedlich hoch sein kann. Eingezogen wird die Transaktionsgebühr über einen sogenannten Acquirer (in der Schweiz meist über Marktführer Worldline). Dieser führt einen Teil davon als Interchange Fee an die kartenausgebenden Banken ab. Ein weiterer Teil geht als Card Scheme Fee an die jeweilige Kartenorganisation und der Rest verbleibt beim Acquirer als Entgelt für dessen Dienstleistung gegenüber dem Händler.

Beim bisherigen Debitprodukt von Mastercard, der Maestro, wurden bislang jedoch noch keine Interchange Fees erhoben. Auch betrugen die Gesamtgebühren für einen Händler zwischen 24 bis 28 Rappen pro Transaktion. Mit Debit Mastercard liegen sie nun bei 10 Rappen plus 0,49 Prozent des Gesamtbetrags und bei Visa Debit bei 10 Rappen plus 0,95 Prozent des Gesamtbetrags. Das bedeutet, spätestens ab einem Einkauf von 40 Franken fallen für einen Händler höhere Abgaben an.

Da es sich aber bei Debit Mastercard und Visa Debit technisch gesehen um neue Produkte handelt (neu kann man damit auch online bezahlen und die Karte in Bezahl-Apps hinterlegen), könne laut Susanne Stöger, Mediensprecherin bei Worldline, «nicht von einer Änderung der Gebührenstruktur gesprochen werden, sondern es wurde für die neuen Kartenprodukte eine neue Preisliste eingeführt». Stöger verweist im Übrigen darauf, dass Worldline keinen Einfluss auf Card Scheme Fee und Interchange Fee habe und die Entscheidung, welche Karten an Kontoinhaber ausgegeben werden, bei der jeweiligen Bank läge. Credit-Suisse-Medienspre­cherin Cécile Rietschi fügt ergänzend hinzu: «Die Produkt- und Preisgestaltung wird hier ausschliesslich zwischen Händler und Acquirer ausgehandelt.»

«Massiv betroffen»

Dies gelte auch für Twint-Transaktionen über Terminals, wie Mediensprecherin Bianca Schmidt erklärt. «Twint bietet insbesondere für Geschäfte mit kleineren Warenkörben aber auch eine Bezahl-Lösung über einen QR-Code an. Hier betragen die Gebühren schon seit längerer Zeit 1,3 Prozent pro Transaktion.» Das erscheint auf den ersten Blick sehr hoch. Doch Schmidt relativiert: «Bei kleineren Beträgen sind wir mit unserer QR-Lösung günstiger als Debit- oder Kreditkarten, weil es dafür weder Terminals noch Kassen braucht.» Der Groll der Händler fusst anders als bei den Debitkarten denn auch nicht auf einer «Gebührenerhöhung», sondern auf der enorm gestiegenen Marktposition von Twint. Von verschiedener Seite werden hierfür die Empfehlungen von Behörden herangeführt, wegen der Corona-Gefahr auf die Bezahlung mit Bargeld zu verzichten und stattdessen kontaktlos zu bezahlen. Diese These wird mit dem Umstand, dass laut Schmidt die Zahl der Nutzer in den letzten zwei Jahren besonders stark gestiegen seien, untermauert. Resultat: Mehr Nutzer für Twint gleich mehr Gebührenabgaben für die Händler.

Bleibt die Frage, welche Folgen die Händler und Geschäfte in Zürich und der Restschweiz durch diesen «Gebührenhammer» haben. Während man bei der Cityvereinigung noch keinen unmittelbaren Handlungsbedarf sieht, seien die dem Gewerbeverband der Stadt Zürich angeschlossenen Händler laut Geschäftsführerin Ursula Woodtli «massiv betroffen». Verbandsmitglied und Weinhändler Michael Kollmann erzählt, dass bei ihm die Zahlungen mit elektronischen Zahlungsmittel – und somit praktisch identisch die Gebührenabgaben – für das letzte Jahr um 100 Prozent gestiegen seien. Und nun kämen auch noch die Gebührenerhöhungen dazu. «Ich bin absolut einverstanden, dass dem Acquirer ein kleiner Prozentsatz als Entschädigung zusteht. Aber was jetzt verlangt wird, ist einfach zu viel.» Um bessere Konditionen herauszuhandeln, sei er zu klein. Auf elektronische Bezahlung zu verzichten, sei keine Option, denn das wäre nicht mehr zeitgemäss. «Und die Mehrkosten einfach auf den Kunden abwälzen kann ich auch nicht, sonst bin ich nicht mehr konkurrenzfähig.» Somit bleibe nur, die Faust im Sack zu machen.

Ihre Meinung zum Thema? echo@tagblattzuerich.ch

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