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Bald könnte die Stadtpolizei mit einer Bodycam ausgerüstet sein. (Bild: Stadt Zürich)

Umstrittene Kamera

Von: Christian Saggese

19. Mai 2021

Der Gemeinderat diskutiert bald über eine Einführung von Bodycams bei der Stadtpolizei Zürich. Die Meinungen gehen auseinander. 

Sie sind seit jeher umstritten, die Polizei-Bodycams, deren Aufnahmen bei kritischen Kontrollen helfen sollen. Bereits 2018 gab es, unter dem damaligen Sicherheitsvorsteher Richard Wolff (AL), dies-
bezüglich einen Pilotversuch, da eine Studie zeigte, dass diese Körperkameras eine deeskalierende Wirkung haben sollen und so die Gewalt gegen Gesetzeshüter eingeschränkt werden könnte. Das Fazit war gut, dennoch folgten kontroverse Diskussionen über eine definitive Einführung. In den letzten Monaten musste sich nun die Sicherheitspolitische Kommission des Gemeinderates mit dem Thema beschäftigen. Und stimmte letzte Woche der Bodycam-Verordnung zu, mit 7 zu 6 Stimmen allerdings äusserst knapp. FDP, GLP und ein Teil der SP sagten Ja; SVP, Grüne, AL und der andere Teil der SP waren dagegen. Ausserdem wurden zahlreiche Änderungen der Verordnung beschlossen. Voraussichtlich Ende Mai wird nun noch der Gemeinderat darüber diskutieren, fix ist eine Einführung also noch nicht.

Die erarbeitete Verordnung sieht vor, dass vorerst maximal 34 Kameras zum Einsatz kommen sollen, und dies beschränkt auf sechs Jahre. Der Einsatz soll wissenschaftlich begleitet werden. Dabei seien insbesondere die Themen Gewalt an und von Polizeiangehörigen, der (de)eskalierende Effekt von Aufzeichnungen, Racial Profiling sowie personalrechtliche Verfahren und Folgen zu beleuchten. Die Bodycams werden übrigens nicht ständig im Aufnahmemodus sein. Die Polizisten stellen sie nur dann an, wenn etwa eine Kontrolle aus dem Ruder zu laufen droht. Aber nicht nur seitens der Gesetzeshüter, sondern auch die Kontrollierten dürfen verlangen, dass die Kamera eingeschaltet wird, wenn sie ein nicht korrektes Verhalten der Polizisten vermuten. Die Aufnahmen werden nach 100 Tagen gelöscht. Unbeteiligte Dritte sollen möglichst nicht erfasst werden. Und die links-grüne Mehrheit setzte durch, dass die Cams beim sogenannten unfriedlichen Ordnungsdienst, also bei Krawallen und unbewilligten Demonstrationen, ausgeschaltet bleiben.

«Vorlage ideologisiert»

Die SVP war eine der ersten Parteien, die Bodycams forderten – und doch wird die aktuelle Verordnung abgelehnt. Diese sei von den Linken derart ideologisiert worden, dass die Fraktion das Vorhaben nicht mehr unterstützen kann, heisst es seitens der Partei. Insbesondere, dass der unfriedliche Ordnungsdienst vom Einsatz ausgeschlossen werden soll, ist der SVP ein Dorn im Auge. Die GLP unterstützt die Einführung unter möglichst strengen gesetzlichen Grundlagen, für die FDP sei die Verordnung eine gute Balance zwischen Sicherheit und Freiheit.

Die SP sagt Ja, aber. Eine Mehrheit unterstützt die Einführung, könnte diese für die Beweissicherung sowohl für Kontrollierte wie auch für die Polizei beitragen. Für eine Minderheit der SP-Fraktion überwiegen jedoch die Bedenken, da der Bodycam-Pilotversuch keinen eindeutigen Nutzen gezeigt habe. Die Grünen befürchten, dass die Bodycams in erster Linie einen repressiven und keinen präventiven Charakter haben. Der Einfluss zur Verhinderung von Übergriffen auf die Polizeikräfte sei nicht nachgewiesen, und man wolle «kein Überwachungsexperiment auf Kosten der Grundrechte». Auch die AL lehnt die Vorlage ab und blickt besorgt auf die Gewährleistung des Datenschutzes und auf eine allfällige Zweckentfremdung der Bodycams. In diesem Fall ist die Meinung der AL äusserst wichtig. Da die SP gespalten ist, könnte im Gemeinderat ein Stichentscheid notwendig werden. Und dann hätte der neue Gemeinderatspräsident das letzte Wort – Mischa Schiwow von der Alternativen Liste.

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