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Im Verkehr oft nicht zu hören: Elektroauto. Bild: eMobility Schweiz

Verordneter Lärm auf Zürichs Strassen

Von: Sacha Beuth

04. Juni 2019

Ab 1. Juli 2019 müssen alle Elektrofahrzeuge in der Schweiz, die neu auf den Markt kommen, bei niedriger Geschwindigkeit künstlichen Lärm erzeugen. In Zürich geraten Linke und Grüne deswegen in eine Zwickmühle, da sie unter anderem aus Lärmschutzgründen mehr Tempo-30-Zonen fordern.

Elektrofahrzeuge sind in der Schweiz auf dem Vormarsch. Einer der Gründe dafür ist, dass ihre Motorengeräusche wesentlich leiser sind als die von Fahrzeugen, die mit fossilen Brennstoffen betrieben werden. Eine neue Regelung der EU, welche die Schweiz im Rahmen der bilateralen Verträge zu übernehmen hat, macht nun diesen Vorteil zunichte und sorgt unter Zürichs Politikern für zwiespältige Gefühle oder glatten Ärger. Konkret geht es um Avas, das «Acoustic Vehicle Alerting System». Dieses Frühwarnsystem dient Elektrofahrzeugen und -hybriden, um bei Geschwindigkeiten bis 20  km/h und beim Rückwärtsfahren künstlichen Lärm zu erzeugen. So soll die Sicherheit insbesondere der Fussgänger erhöht werden, welche E-Fahrzeuge akustisch oft nicht oder zu spät wahrnehmen.

Sicherheit hat Vorrang

Bei Links-Grün freut man sich zwar über die sicherheitstechnischen Vorteile, die das System mit sich bringt. Andererseits kollidiert die Vorschrift mit dem Bestreben, mehr Tempo-30-Zonen bzw. -Strecken einzuführen, um den Lärm zu senken. «Es ist ein Paradoxon, das gebe ich zu», sagt Pascal Lamprecht, SP-Gemeinderat und Vizepräsident der Spezialkommission Sicherheitsdepartement/Verkehr. «Allerdings zeigen diverse Studien klar, dass die Sicherheit durch die Temporeduktion erhöht wird und so auch weniger schwere Verletzungen bei Unfällen passieren. Die Anliegen und Bedürfnisse der Sehbehinderten oder auch der Kinder sind in diesem Fall höher zu gewichten als die von lärmgeplagten Personen.» Zudem sei ein Fahrzeug – ob nun Benziner oder Elektroauto – mit Tempo 30 immer noch leiser unterwegs als eines mit Tempo 50.

In den bürgerlichen Parteien, namentlich in der SVP, sorgt die Vorschrift für allgemeines Kopfschütteln. «Da reden alle von zu viel Lärm, und dann macht man so was», ärgert sich Stephan Iten, SVP-Gemeinderat und Präsident der Spezialkommission Sicherheitsdepartement/Verkehr. Zwar stimmt auch er mit Lamprecht überein, dass mit Avas die Sicherheit erhöht werde, doch dann müsse man dies bei der Forderung nach weiteren Tempo-30-Zonen auch so kommunizieren. «Das Deckmäntelchen mit der Lärmreduktion funktioniert jedenfalls nun nicht mehr.»

Bei der Umsetzung von Avas sind vorerst nur reine Elektrofahrzeuge betroffen – erst in zwei Jahren müssen auch Hybride mit dieser Technik ausgerüstet sein. In der Autobranche blickt man denn auch gelassen der Neuerung entgegen. «Das bereitet uns kein grosses Kopfzerbrechen», betont etwa Silvan Trifari von der Emil Frey AG. «Das Warnsystem wird immer, wenn ein Modellwechsel ansteht, serienmässig eingebaut.»

Ein genormtes Avas-System ist übrigens nicht vorgesehen. Die Autohersteller geniessen bei Klang und Form viel freie Hand. Vorschrift ist allerdings, dass beim Warngeräusch 75 Dezibel nicht überschritten werden. Das könnte noch zu Diskussionen führen, denn dieser Wert ist gemäss Fachleuten lauter als ein Rasenmäher in zehn Meter Entfernung und entspricht in etwa dem Lärm einer Kantine bzw. eines Staubsaugers.

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