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Das Budget 2022 weist ein Defizit auf. Bürgerliche Parteien fordern darum, bei gewissen Ausgaben den Rotstift anzusetzen. Bild: Adobe Stock

Wirbel ums Budget 2022: Hat sich die Stadt verrechnet?

Von: Sacha Beuth

05. Oktober 2021

Nach der Bekanntgabe des Budgets 2022 durch den Stadtrat letzte Woche reagierten mehrere, vorab bürgerliche Parteien mit Ärger und Unverständnis. Nebst dem kalkulierten Minus von 158 Millionen Franken stossen sie sich an zu hoch prognostizierten Einnahmen, die auf einem nach ihrer Meinung zu hoch eingeschätzten Bevölkerungswachstum beruhen. Und es gibt noch weitere Kritikpunkte.

Trifft die Einschätzung des Finanzdepartements zu, wird die Stadt Zürich das Jahr 2022 mit einem Minus beschliessen. Im Budget 2022 stehen einem Ertrag von 9,372 Milliarden Franken ein Aufwand von 9,530 Milliarden Franken gegenüber, was einen Fehlbetrag von 158 Millionen Franken ergibt. Ursache dafür sind gemäss Angaben der Stadt vor allem die Auswirkungen der Corona-Pandemie, der Steuervorlage 17 und gestiegene Ausgaben, die weit stärker ins Gewicht fielen als die konstant hohen Steuereinnahmen auf der Einnahmeseite. Wenig erfreulich ist zudem, dass der Stadtrat bereits für das laufende Jahr mit einem negativen Rechnungsabschluss kalkuliert, dem ersten seit 2014, wobei er die definitiven Zahlen erst im Frühjahr 2022 präsentieren wird. Der Ausblick auf die Planjahre 2023 bis 2025 ist ebenfalls nicht rosig. Für 2023 wird ein Minus von 194,8 Millionen, für 2024 ein Minus von 184,2 Millionen und für 2025 ein Minus von 218 Millionen Franken erwartet.

Kein Wunder, hagelt es Kritik, vorab natürlich von bürgerlicher Seite. Angefangen bei FDP und Grünliberalen, die dem Stadtrat vorwerfen, für seine Berechnung auf eine veraltete Bevölkerungsprognose zurückzugreifen. «Der Stadtrat glaubt, dass Zürich nächstes Jahr 20 000 zusätzliche Einwohnerinnen und Einwohner haben wird. Er rechnet darum mit Erträgen wie auch mit Ausgaben von zusätzlichen 20 000 Einwohnerinnen und Einwohnern und baut entsprechend sein Personal und andere Kostenträger aus», schreibt die FDP. Dabei seien die effektiven Bevölkerungszahlen rückläufig. Statt wie prognostiziert 439 300 lebten 2020 434 736 Personen und statt der für 2021 erwarteten 444 900 nur 433 760 Personen in der Stadt. Die GLP fügt hinzu, dass der Stadtrat ausserdem einem weiteren, von linker Seite geforderten Leistungsausbau Einhalt gebieten müsse, und fürchtet, dass Sonderbudgetierungen aufgrund von Corona zu ordentlichen Subventionen werden. Zumal dies gar nicht überall zwingend sei. Etwa bei den zusätzlichen 10 Millionen Franken zur Abfederung von Einnahmeausfällen bei Kulturinstitutionen. «Mit der aktuellen Entwicklung mit der Zertifikatspflicht, welche den Kulturinstitutionen eine höhere Auslastung ermöglicht, ist die Notwendigkeit einer solchen Sonderausschüttung fraglich», so die städtischen Grünliberalen. Auch die SVP fordert eine Streichung von «Wünschen» wie flächendeckendem Tempo 30 sowie eine «Leistungsüberprüfung». «Doch statt auf die Ausgabenbremse zu treten, plant die Stadtregierung, jährlich 200 Millionen Franken zu verbrennen», schreibt Gemeinderätin Susanne Brunner. Das Polster von 1,5 Milliarden Eigenkapital wäre dann bald Geschichte.

Segment ist entscheidend

Florian Utz, Gemeinderat der SP, hält dieses Bedrohungsszenario für übertrieben. «Solange sich Zyklen mit Überschüssen und solche mit Defiziten die Waage halten, ist das unproblematisch. Natürlich haben auch wir lieber ein Plus statt ein Minus in der Rechnung. Aber es wäre ein grosser Fehler, die langsam wieder anziehende Konjunktur mit Sparprogrammen abzuwürgen.» Auf die Frage, ob der Stadtrat bezüglich der Bevölkerungszahlen falsch kalkuliert hat, gibt sich Utz vorsichtig. «Wir müssen genau abklären, in welchem Segment die Bevölkerung wie stark wächst – also beispielsweise, ob es mehr Schüler geben wird. Denn das Schulwesen macht den grössten Teil der Mehrausgaben (u. a. 365 zusätzliche Stellenwerte, die Red.) aus» Dort will die SP genauso wenig sparen wie die AL. Diese sieht ebenfalls «kein Problem» darin, wenn gewisse Aufgaben der Stadt zum Teil aus dem angewachsenen Eigenkapital finanziert werden.

Was ist Ihre Meinung zum Thema? echo@tagblattzuerich.ch

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