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Wegzug: Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer der Wohnbevölkerung in Zürich ist in den letzten 15 Jahren von 19 auf 17,8 Jahre gesunken. Symbolbild: iStock

Wohnen: Aufenthaltsdauer in Zürich nimmt ab

Von: Sacha Beuth

26. November 2019

Zürich ist als Wohnort zwar generell attraktiv und die Bevölkerungszahl steigt, die durchschnittliche ­Aufenthaltsdauer hat jedoch von 1993 bis 2018 von 19 auf 17,8 Jahre abgenommen. Gerade Ausländer im erwerbsfähigen Alter und Schweizer Rentner wohnen immer weniger lang in unserer Stadt.

Egal von welchem Institut und egal ob national oder international – bei Umfragen in Sachen Lebensqualität hat die Stadt Zürich seit Jahren einen Spitzenplatz inne. Und zieht auch seit Jahren immer mehr Personen an. Laut Hochrechnungen wird die Bevölkerungszahl darum bis 2040 auf rund 500 000 Personen steigen. Auf der anderen Seite hat aber die durchschnittliche Aufenthaltsdauer der in Zürich wohnhaften Personen seit 1993 mehr oder weniger kontinuierlich abgenommen. Laut einer vor kurzem veröffentlichten Meldung von Statistik Zürich beträgt diese für das Jahr 2018 17,8 Jahre, während der Mittelwert 1993 noch bei 19 Jahren lag.

Als mögliche Gründe für den Rückgang führt Michael Siegenthaler, Spezialist Arbeitsmarkt bei der KOF Konjunkturforschungsstelle der ETH, dass es mehr Ausländer in Zürich gibt, und diese auch mobiler wurden. So kehren viele Ausländer wieder in ihr Heimatland zurück. «Insbesondere die Hochqualifizierten, da sich in den meisten unserer Nachbarländer die wirtschaftliche Situation verbessert hat und die Löhne gestiegen sind. Sie sind auch viel mobiler als die tiefer qualifizierten Ausländer, die vor allem bis Mitte der 1990er-Jahre in die Schweiz kamen. Für diese ist eine Rückkehr meist noch immer wenig attraktiv und sie sind zudem oft auch durch ihre Familienverhältnisse stärker an das Leben hier gebunden.» Die reinen Zahlen belegen zumindest Siegenthalers Vermutung. In der Statistik sank zwischen 1993 und 2018 die Verweildauer der in Zürich wohnhaften Ausländer im erwerbsfähigen Alter (Altersklassen 20–39 und 40–59) von 6,5 bzw. 15,9 auf 5,4 bzw. 11,8 Jahre.

Wunsch nach Eigenheim

Ältere Ausländerinnen und Ausländer haben dafür offenbar eine stärkere Liebe zu Zürich als ihre Schweizer Altersgenossinnen und -genossen. Bei Ersteren erhöhte sich die durchschnittliche Aufenthaltsdauer in der untersuchten Periode von 25,8 auf 28,6 Jahre, wohingegen sie bei Letzteren von 39,3 auf 35,9 Jahre sank. «Ist man pensioniert oder sind die Kinder aus dem Haus, dürfte es sich der eine oder andere nur schon aus finanziellen Gründen überlegen, in einen steuergünstigeren, ländlicheren Ort umzuziehen, um dort zum Beispiel ein Eigenheim zu erwerben. Das ist für Schweizer in der Regel eher möglich als für Ausländer», mutmasst Siegenthaler. Bei der Frage, warum Frauen und Männer 1993 durchschnittlich fast gleich lang in Zürich lebten (19 bzw. 19,1 Jahre), nun aber die Aufenthaltsdauer des vermeintlich stärkeren Geschlechts deutlich geringer ist (17,1 zu 18,5 Jahre), weiss auch der KOF-Experte keine Antwort.

Sind die von Siegenthaler gemachten Aussagen vorab Vermutungen auf Basis von Indikatoren, kann man sich bei der Stadtentwicklung in Sachen Wegzugsgründe auf eine vor zwei Jahren publizierte Umfrage stützen. Die darin enthaltenen Aussagen dürften sich laut Stadtentwicklung nicht wesentlich von den aktuellen Befindlichkeiten unterscheiden. «Wir konnten feststellen, dass in erster Linie Gründe privater Natur wie Berufswechsel, Weiterbildungsmöglichkeiten und familiäre Umstände zu einem Wegzug führten. Dagegen wurden Wohnungsgründe nur von 23 Prozent der Befragten genannt», erklärt Anna Schindler, Direktorin der Stadtentwicklung. Dass laut Umfrage vor allem Ausländer letzteren Punkt erwähnen, erklärt Schindler damit, dass viele die Möglichkeiten, an günstigeren Wohnraum zu gelangen, nicht kennen und es darum schwieriger für sie ist, Zugang zu Genossenschaftswohnungen zu bekommen. «Erschwerend hinzu kommen dann noch allfällige sprachliche Probleme.»

Der Rückgang der durchschnittlichen Aufenthaltsdauer macht Schindler generell keine grossen Sorgen. «Man darf nicht vergessen, dass Zürich in Sachen Einwohner ein sehr dynamisches Pflaster ist. Etwas weniger als 40 000 Personen ziehen jedes Jahr weg, etwas mehr als 40 000 zu.» 1,2 Jahre weniger Verweildauer sind für Schindler darum ein Ausdruck einer dynamischeren, tendenziell jünger werdenden Stadtgesellschaft.

Was ist Ihre Meinung zum Thema? echo@tagblattzuerich.ch

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