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Viele Zürcher, die zusammenziehen, geben ihre alte Wohnung nicht auf.

Zürcher krallen sich an Wohnungen fest

Von: Clarissa Rohrbach

17. März 2015

Immer mehr Stadtbewohner zügeln zwar, behalten aber die Wohnung auf Vorrat. Die jahrelangen Untermieten regen die Vermieter auf.

Lisa und Marco lieben sich. Oder vielleicht auch nicht. Deswegen sind die beiden zwar zusammengezogen, doch ihre alten Singlewohnungen haben sie untervermietet. «Sollte es mit uns nicht klappen, kann ich zurück in meine Wohnung», sagt die 34-Jährige. Das Gleiche hat sie bereits vor drei Jahren getan. Damals wollte sie das WG-Leben ausprobieren. Es gefiel ihr nicht, und sie kehrte in ihre drei Zimmer für 1500 Franken zurück – heutzutage ein Traummietzins in Wiedikon. Den Vermieter hat sie beide Male nicht über die Untermiete informiert. «Ich wollte keine Probleme, so ein Schnäppchen finde ich in Zürich nie mehr wieder.»


Lisa ist eine von vielen. «Die Untermieten haben in der Stadt zugenommen», sagt Cornel Tanno, Leiter  der Rechtsabteilung des Hauseigentümerverbands Zürich (HEV). Früher hätten die Leute ihre Wohnung wegen eines Jobs oder eines Studiums im Ausland untervermietet. Heute wolle man sich alle Optionen offenhalten. Dies zum Ärger der Vermieter. «Sie haben es nicht gerne, wenn Wohnungen auf ­Vorrat besetzt werden.»


Rechtlich ist eine Untermiete nur zulässig, wenn der Mieter das ungefähre Datum seiner Rückkehr festlegen kann. Dauert die Untermiete mehrere Jahre, darf der Vermieter den Mieter fragen, wann er gedenke, die Wohnung zurückzunehmen. Kommt keine klare Antwort, kann er kündigen. «Wir hatten immer wieder solche Fälle», sagt Tanno vom HEV.


Allerdings komme es meistens nur zum Eklat, wenn die Situation nicht transparent sei. «Mieter sollten bei ­einer Untermiete immer um die Zustimmung des Vermieters bitten.» In 90 Prozent der Fälle gebe es an der temporären Besetzung nichts auszusetzen. «Aber hat der Vermieter keine Kenntnis von der Untermiete, fühlt er sich veräppelt. Das führt zu Spannungen.»


Walter Angst, Sprecher des Mieterverbandes (MV), bestätigt die Zunahme der Untermieten, sieht aber einen anderen Grund dafür: «Die Mieter müssen sich vor der Zinsexplosion in der Stadt schützen.» Weil bei Neuvermietungen die Mietzinse stark erhöht würden, sei es nachvollziehbar, dass man eine Wohnung nicht aufgeben will, wenn man sich über seine künftigen Lebensumstände nicht sicher sei.


Es kämen immer wieder Mieter zum MV, die ihre Wohnung untervermieten wollen. «Solange sie keinen Gewinn machen und die Option auf eine Rückkehr besteht, ist gegen eine Untervermietung nichts einzuwenden». Wenn Zurückkommen kein Thema mehr sei, wäre laut Angst eine Überschreibung  auf die Untermieter sinnvoll. So würden diese den gleichen Vertrag zum gleichen Mietzins erhalten. Darauf werde aber immer öfter verzichtet, weil Vermieter auf einen neuen Mietvertrag mit bedeutend höherem Zins beharren.


Schliesslich warnt Angst unschlüssige Mieter wie Lisa. Der Untermieter habe die gleichen Rechte gegenüber dem Mieter wie dieser gegenüber dem Vermieter. Und könne sich gegen einen Auszug wehren. «Eine Untermiete ist also keine Garantie, dass man sofort in die alte Wohnung zurückkehren kann.»

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