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Wer ein echter Tirggel-Esser sein will, betrachtet das Motiv erst im Licht, bevor er es stückweise auf der Zunge zergehen lässt. Bild: PD

Züri-Tirggel zurück in Zürich

Von: Stine Wetzel

03. Oktober 2017

150 Jahre lang wurde der Tirggel in Wald gebacken. Nun hat das Behindertenwerk St. Jakob die Zürcher Spezialität zurück in die Stadt geholt – samt Geheimrezept, Spezialofen und Kundenstamm.

Urs Jäckle hält einen runden Tirggel ins Licht. Die Türme des Grossmünsters leuchten auf. Jäckle deutet auf die feinen Umrisse. Der Konditormeister ist neuerdings für die Züri-Tirggel verantwortlich. Im Auftrag der Stiftung St. Jakob schaute er ein halbes Jahr lang Heinrich Honegger aus Wald beim Tirggel-Backen über die Schulter und lernte das Handwerk. Das Gebäck aus Honig, Zucker und Mehl hatte einst viele Bäcker in der Stadt – bevor Schokolade und Marzipan ihren Siegeszug antraten. In Wald hielten die Honeggers den Tirggel noch hoch, ebenso die Biscuits-Suter AG aus Schönenberg.

Im letzten Jahr kam die Zürcher Stiftung St. Jakob mit den Tirggel-Bäckern aus dem Zürcher Oberland ins Geschäft – im Mai gingen die Honeggers in Pension. Übergeben wurden Geheimrezept, Modelsammlung, Spezialofen und Kundenstamm. «Der Tirggel ist das ideale Produkt für den geschützten Arbeitsbereich», sagt Thomas Wyder, Bereichsleiter der Gastronomie im Behindertenwerk, «er ist nicht so heikel in der Herstellung wie ein Gipfeli oder Brot.»

Momentan arbeiten fünf Menschen mit Beeinträchtigung in der Tirggel-Herstellung. Man hoffe aber, die geschützten Arbeitsplätze noch erweitern zu können. Eine Wohnung im Stiftungshauptsitz an der Kanzleistrasse wurde für die Tirggel-Produktion umfunktioniert – ein Provisorium, denn bald zieht die Stiftung in ihren Neubau beim Viadukt, und die Tirggel-Abteilung bekommt eine eigene Bäckerei. Fünf Tonnen Tirggel will die Stiftung pro Jahr für den Verkauf abpacken.

Geheimnis liegt im Honig

In der Wohnung duftet es nach Honig. Konditormeister Jäckle holt das Aräometer aus dem Schrank. «Damit messen wir die Dichte der Honig-Zucker-Lösung.» Wo sich das Messgerät einpegeln muss, verrät er nicht. «Das Geheimnis liegt im Honig», sagt er nur. Der Teig wird auf zwei Millimeter ausgewalzt, auf den Model gepresst und in die Form gedrückt. 800 Motive auf 200 Model hat die Stiftung in ihrer Sammlung: von Wilhelm Tell bis hin zu Tieren. Das älteste Motiv in der «Schatzkammer», einem Räumchen voller Holzplatten mit Kleinstschnitzereien, stammt aus dem Jahr 1640.

Die rohe Tirggel-Platte wird kurz und heiss bei Oberhitze gebacken. In der Weihnachtszeit hat der Tirggel Hochsaison. Die Bestseller: Herzen – «und natürlich Zürich-Motive», sagt Konditormeister Jäckle und streicht über ein Relief.

Weitere Informationen:
shop.st-jakob.ch

 

 

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