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Das provisorische Polizeigefängnis «Propog» (rechts im Bild) beherrscht das Bild auf der Kasernenwiese. Bild: Kanton Zürich

Zürich hat bald ein Provisorium weniger

Von: Jan Strobel

05. Februar 2019

In der Geschichte des Kasernenareals wird sich etwas bewegen: Das provisorische Polizeigefängnis, vor 25 Jahren errichtet, soll 2022 verschwinden.

Wenn «Tagblatt»-Leser Alfred Fischinger über die Kasernenwiese flaniert, dann kommt bei ihm Ärger auf. «Das Unglücklichste an der ganzen Kasernengeschichte», schreibt er der Redaktion, «ist das Polizeigefängnis. Der deswegen nötige Stacheldrahtzaun verunstaltet die ganze Kasernenwiese und vermittelt eine militante, aggressive Grundstimmung.» Es sei eines jener berühmten Zürcher Provisorien, meint Alfred Fischinger, die irgendwann zum Dauerzustand, zum «Providurium»,  geworden seien. 

Verworren und neblig

Tatsächlich wurde der graue Containerbau auf der Kasernenwiese vor 25 Jahren als provisorisches Polizeigefängnis, kurz «Propog», vom Kanton errichtet, nachdem das kantonale Stimmvolk dem Plan mit grosser Mehrheit zugestimmt hatte. Damals herrschte in Zürich ein Notstand an Zellenplätzen. Das «Propog» sollte als Notgefängnis die chronisch überfüllten Polizeigefängnisse entlasten und unter anderem dazu dienen, den Drogenhandel einzudämmen. Nötig wurde das Gefängnis insbesondere auch im Hinblick auf die Letten-Räumung 1995. Vorgesehen war ein Betrieb für fünf Jahre bis 1999. 

Gegner des Projekts befürchteten bereits, dass mit dem Provisorium die Kaserne als definitiver Gefängnisstandort zementiert werde. Tatsächlich wurde der Betrieb des «Propog» im Zug der verworrenen und nebligen politischen Kasernenfrage immer wieder verlängert. Kritiker aus dem linken Lager fühlten sich «betrogen und hintergangen», das Provisorium sei «still und klammheimlich» verlängert worden. Man wolle in der Kaserne «keine Polizeifestung». Obwohl auch der Stadtrat das Provisorium eigentlich loswerden wollte, verlängerte die städtische Bausektion die entsprechenden Gesuche des kantonalen Hochbauamts immer wieder. Der Grund für die Verlängerung lag im geplanten Polizei- und Justizzentrum (PJZ) auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs, dem das Volk 2003 und dann noch einmal 2011 zustimmte.  

2022 soll nun das PJZ seinen Betrieb aufnehmen – und damit auch das «Propog» auf dem Kasernenareal endgültig verschwinden. Die Gefängnisplätze werden im neuen Gebäude integriert. Insgesamt wird es im PJZ 300 solcher Plätze geben. Damit wäre zumindest ein sichtbares Kapitel der Leidensgeschichte um die Kaserne beendet. 

Das «Propog» dient den Behörden zur Abklärung des Tatverdachts bei gerade Verhafteten. In der Polizeihaft wird entschieden, ob ein Tatverdächtiger sofort wieder freigelassen oder aber in ein Untersuchungsgefängnis verlegt wird. Die maximale Aufenthaltsdauer im «Propog» liegt zwischen vier und sieben Tagen. Angelegt wurde das provisorische Gefängnis für 100 Häftlinge, die Belegung sei aber, so die zuständige Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich, im Tagesverlauf schwankend. 

Während der vergangenen 25 Jahre sorgte das Gefängnis wiederholt für Negativschlagzeilen. Bereits 1995 kam es zu einer koordinierten Brandstiftungsaktion von Häftlingen. Immer wieder wurden überdies die Haftbedingungen kritisiert, unter anderem auch die Inhaftierung Minderjähriger.


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