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Zürichs Dschungel feiert Jubiläum
Von: Sacha Beuth
Vor 20 Jahren wurde auf dem Zürichberg der Masoala-Regenwald, im Volksmund Masoalahalle genannt, eröffnet. Inzwischen steht die Tropenhalle nicht nur für Zusammenarbeit im Naturschutz und innovative Zoobauten, sondern hat sich auch zu einem Wahrzeichen der Stadt Zürich entwickelt.
Egal, auf welchen Kanälen für Zürich geworben wird, der Masoala-Regenwald des Zoos ist als Sujet fast immer ganz vorne mit dabei. Dass sich die Tropenhalle zu einem Wahrzeichen Zürichs entwickeln würde, hätte bei der Eröffnung am 30. Juni 2003 wohl kaum einer für möglich gehalten. Vielleicht nicht einmal der damalige Zoodirektor Alex Rübel, der Gründervater dieses in mehrfacher Hinsicht wegweisenden Projekts. Von Anfang an war es dessen Absicht, nicht nur im Bereich der Tierpräsentation neue Wege zu gehen, sondern auch Naturschutzbemühungen des Zoo Zürich mit denen vor Ort zu verbinden.
Wie erfolgreich dies verlief, zeigen einige Eckdaten, die am Freitag anlässlich des 20-Jahr-Jubiläums der Halle präsentiert wurden. So können dank finanzieller Unterstützung des Zoo Zürich, der einen Viertel des jährlichen Betriebsbudgets des Masoala-Nationalparks stellt, auf Madagaskar pro Jahr 50 000 Bäume zwecks Wiederaufforstung gesetzt werden. Wichtig bei den Bemühungen ist laut dem aktuellen Zoodirektor Severin Dressen, die lokale Bevölkerung miteinzubeziehen. «Der Naturschutz muss auch für die Leute vor Ort einen Nutzen haben. Wir haben darum etwa die Entwicklung einer neuen Reisanbau-Methode unterstützt, mit der der Ertrag um das 7-Fache gesteigert werden konnte – und zugleich der Einsatz von Kunstdünger hinfällig wurde.»
Immer noch Goldstandard
«Die Kombination von Umwelt- und Artenschutz mit Entwicklungsarbeit des Zoo Zürich hat einen signifikanten Einfluss auf das einzigartige Ökosystem des original Masoala-Regenwalds», betonte denn auch Marie-Orléa Vina, die Umweltministerin Madagaskars, gegenüber den Medien. «Wir sind dem Zoo äusserst dankbar und hoffen, dass wir die Zusammenarbeit noch viele Jahre weiterführen können.» Umgekehrt ist auch der Zoo voll des Lobes über den Einsatz der madagassischen Naturschützer. Etwa über den des Biologen Félix Jean Ratelolahy von der Wildlife Conservation Society, Madagascar. «Er hat mit seinem Team 1300 Hektar Regenwald wieder aufgeforstet und rund zwei Millionen Setzlinge eingepflanzt», erklärte am Freitag Martin Bauert, Leiter Naturschutz im Zoo Zürich, ehe er dem Madagassen den mit 15 000 US-Dollar dotierten Conservation Award aus dem Naturschutzsfonds des Zoo Zürich überreichte.
Bei den Huldigungen über den Naturschutz ging etwas unter, dass Zürichs Masoala-Regenwald sich in Sachen Tierhaltung, Artenschutz und als Botschafter für seine wildlebenden Artgenossen ebenfalls zum Vorzeigeobjekt entwickelte und für die Zoos der Welt in Sachen Tropenhallen «noch immer Goldstandard ist» (Zoo-Verwaltungsratspräsident Martin Naville). Nicht immer ging dabei alles glatt. Oft wurde erst durch Versuch-und-Irrtum die optimalen Lösungen beim Tier- und Pflanzenbestand sowie für das Klima der Masoalahalle, wie das Gebäude im Volksmund genannt wird, gefunden.
Nicht mehr zum Bestand der Halle gehören beispielsweise die Alaotra-Bambuslemuren. «Sie sind unglaublich geschickt und verfressen und haben zudem keine Scheu vor dem Wasser. Das führte dazu, dass sie ihren Speiseplan mit Futterpellets der Enten ergänzten und immer dicker wurden. Alle Massnahmen, sie davon abzubringen, scheiterten, weshalb wir sie dann abgegeben haben», erzählt Bauert. Den Weisskopfmaki habe man mit dem bedrohteren Rotstirnmaki und diesen wiederum mit dem noch mehr gefährdeten Mohrenmaki ersetzt. Für andere Arten wie die Tausendfüssler, Spinnen-, Schmetterling- oder kleinere Froschspezies sei der Feinddruck durch Vögel zu gross gewesen. «Dafür haben die Madagaskar-Taggeckos und die Tomatenfrösche sich etablieren können, obwohl einige Fachpersonen zuvor behauptet hatten, dass sie alle innert kürzester Zeit gefressen werden würden.»
Luftfeuchtigkeit zu hoch
Bauert stiess Mitte der Bauzeit der Halle zum Zoo und war verantwortlich für die Bepflanzung und das Klima. Letzteres stellte ihn ebenfalls vor grosse Herausforderungen: «Anfangs gab es für uns keine Möglichkeit, die Luftfeuchtigkeit während der kalten Jahreszeit zu reduzieren. Es gab praktisch keine Luftströmung. Dadurch wurde der Stoffwechsel bei vielen Pflanzen gestoppt und einige gingen dann auch ein. Zudem nahmen Pilze und Algen überhand. Erst als wir vor etwas mehr als zehn Jahren bei laufendem Betrieb eine neue Klimasteuerung einbauten, verbesserte sich die Situation.»
Andere Probleme habe man ebenfalls in den Griff gekriegt. So sei die biologische Kontrolle von Schädlingen durch Einführung verschiedener natürlicher Feinde wie Erzwespen, Marienkäfer oder Thripse in einer ausgewogenen Balance. «Die Arbeit wird uns dennoch nie ausgehen, es gibt immer etwas zu optimieren», erklärt Bauert. Gerade auch, wenn neue Arten in die Halle einziehen. Laut Bauert sollen in naher Zukunft Dickschnabelreiher und Coquerels-Sifakas, eine Lemurenart, Zürichs Dschungel bereichern.
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