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Zürichs erster Marronihain nimmt Gestalt an
Von: Sacha Beuth
Auf dem Hönggerberg entsteht im Waldlabor Zürich der erste Hain für Edelkastanien in Zürich. Noch sind die 30 Setzlinge nur etwa mannshoch. Doch bereits in zwei bis drei Jahren könnten erste Früchte wachsen und die Bevölkerung von echten Zürcher Marroni profitieren.
Die Waldlichtung an der Sonderistrasse auf dem Hönggerberg ist zwar nur 0,3 Hektar gross. Dennoch birgt sie eine Besonderheit: Hier wurden kürzlich 30 Edelkastanien-Setzlinge gepflanzt, die nun den ersten Marronihain Zürichs bilden.
Die Aktion ist Teil eines gemeinsamen Projekts des Vereins Waldlabor Zürich, des Vereins Sirkku – Stadtfruchtbäume und des Staatswaldes des Kantons Zürich, dem das Gelände gehört. Es soll einerseits der kulturhistorischen Bedeutung der Pflanze Rechnung tragen, aber andererseits auch ausloten, inwieweit sich Edelkastanien für die künftige Waldbewirtschaftung eignen.
Boden oft zu kalkhaltig
Dabei werden Edelkastanien schon seit vielen Jahrhunderten in der Schweiz nicht nur im Tessin, sondern auch in Zürich und anderen Regionen nördlich der Alpen genutzt. «Wie den Wein brachten die Römer die Edelkastanie zu uns. Die stärkehaltigen Früchte der Pflanze sind äusserst nahrhaft und wurden darum ‹das Brot der Armen› genannt. Veränderungen in der Landwirtschaft sowie die Ende der 1930er Jahre eingeschleppten Kastanienrindenkrebs-Erkrankung führten aber zu einem massiven Rückgang der Bestände», erzählt Martin Brüllhardt, Geschäftsführer Waldlabor Zürich, bei einer Begehung des Hains. Erschwerend kommt hinzu, dass die Pflanze relativ wärmebedürftig ist, wobei ihr aber gerade deswegen laut einigen Wissenschaftlern in unseren Breitengraden die globale Erwärmung entgegenkommen könnte. Ohnehin machen ihr kalkhaltige Böden mehr zu schaffen als die Temperatur. «Weil jedoch saurer Boden auf dem Gebiet der Stadt Zürich nur fragmentiert vorhanden ist, gibt es bei uns zwar vereinzelt Edelkastanien, aber kaum grössere Flächen mit diesen Bäumen.»
Eine der wenigen Ausnahmen bildet die nun bepflanzte Fläche auf dem Hönggerberg. «Herausgefunden haben wir das nur durch Zufall. Zuvor standen dort Fichten, die aber wegen starker Schäden durch Borkenkäferbefall gefällt werden mussten. Bei dieser Gelegenheit wurde geprüft, ob das Vorkommen des freien Kalkes im Boden tief genug ist für einen kleinen Kastanienhain», erzählt Brüllhardt.
Nach dem Räumen des durchs Fällen angesammelten Astmaterials und der Sträucher konnten am 22. März dann die gegenwärtig gerade mal mannhohen Setzlinge aus sechs Sorten eingepflanzt werden. «Die veredelten Bäumchen stammen aus einer Innerschweizer Baumschule. Es sind einzigartige Sorten der Alpennordseite, deren Erhalt aus Sicht der Biodiversität und deren zugrundeliegenden genetischen Vielfalt von grosser Wichtigkeit ist.» Um die wertvollen Pflanzen vor dem Schälen und Fegen durch Rehe zu schützen, wurden sie mit Holzstangen umkleidet. «Wenn alles klappt, werden die Pflanzen in zwei bis drei Jahren die ersten, kleinen Früchte tragen. Das wird allerdings höchstens für eine Tüte Marroni reichen. Aber in rund zehn Jahren dürfte es dann so viele haben, dass wir ein Marronifest mit Interessierten aus der Quartierbevölkerung machen können.»
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