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Einsteigen und über die App einchecken: Das Check-in-Ticket des ZVV wird per 2020 definitiv eingeführt. Bild: ZVV

ZVV: Check-in-Ticket sorgt für Freude und Bedenken

Von: Sacha Beuth

01. Oktober 2019

Ein Fingerwisch auf dem Handy beim Einsteigen, einer beim Aussteigen, fertig – das Lösen eines ÖV-Tickets über die Check-in-Funktion der ZVV-App ist bequem und einfach. Zur Freude mischen sich aber auch Bedenken. So fürchtet die Stiftung für Konsumentenschutz Probleme wegen des Geotrackings und Nachteile beim Beweis eines Ticketkaufs.

Eineinhalb Jahre wurde das System getestet. Nun hat der Zürcher Verkehrsverbund beschlossen, das so­genannte Check-in-Ticket per 2020 definitiv einzuführen. Etliche ZVV-Kunden begrüssen den Entscheid, zumal sich die Funktion einfach bedienen lässt. Die Passagiere checken sich vor der Fahrt über die ZVV-Ticket-App mittels Fingerwisch auf ihrem Smartphone ein und nach dem Aussteigen wieder aus. Das Check-in-Ticket wird auf Tagesbasis abgerechnet. Dem Fahrgast werden in der App alle Fahrten aufgeführt, die er an einem Tag absolviert hat, sowie die entsprechenden Tickets, die man dafür benötigt hätte. «Durch die Preisoptimierung auf Tagesbasis kann der Kunde unter Umständen Geld sparen: Statt mehrerer Einzeltickets verrechnet ihm die App zum Beispiel automatisch eine Tageskarte», erklärt Larissa John von der ZVV-Kommunikation.

Daten werden verschlüsselt

So weit, so gut. Die neue Check-in-Funktion hat aber auch ihre Schattenseiten. Zumindest, wenn es nach der Stiftung für Konsumentenschutz geht. «So positiv es für die Konsumentinnen und Konsumenten ist, dass sie ohne lästiges Ticketlösen in den Zug, Bus oder ins Tram steigen können, so nachteilig ist es, dass sie einverstanden sein müssen, dass man ihre Reise nachverfolgt und heikle Daten gesammelt und gespeichert werden», so Sprecherin Josianne Walpen. «Zudem werden die Kunden bei Differenzen einen schweren Stand haben, ihren Standpunkt zu vertreten und zu beweisen.»

Die Bedenken sind auch dem ZVV bekannt. John schreibt dazu: «Der ZVV erfasst und bearbeitet Daten, die für den Kauf des Check-in-Tickets sowie für den Support, die Abrechnung und die Nachkontrolle erforderlich sind. Die Datenübertragung ist verschlüsselt, und der Zugriff auf die Daten erfolgt geschützt. Nach einem Jahr werden sie gelöscht.» Allgemein unterlägen die Erfassung und Bearbeitung der Daten den für den ZVV geltenden Datenschutzbestimmungen. Eine weitergehende Bearbeitung der Daten, etwa zu Marketingzwecken, finde nicht statt. «Als kantonales Organ kann der ZVV jedoch im Rahmen der Amtshilfe verpflichtet sein, Daten an die Justiz- oder Polizeibehörden herauszugeben.»

Bruno Baeriswyl, Datenschutzbeauftragter des Kantons Zürich, stützt die Aussagen des Verkehrsverbundes: «Wir haben die App bei der Einführung im Testbetrieb in einer Vorabkontrolle geprüft und Hinweise aus datenschutzrechtlicher Sicht gegeben. Wir gehen davon aus, dass mit der Umsetzung der Hinweise die notwendigen rechtlichen, organisatorischen und technischen Massnahmen des Datenschutzes erfüllt werden.» Konkret angesprochen auf die Tracking- und Geolokalisationsproblematik und eine dahingehende mögliche Überprüfung des ZVV durch den Datenschutzbeauftragten, meint Baeriswyl: «Die Geolokalisation ist Voraussetzung für die Nutzung eines solchen Tickets. Die Kunden werden entsprechend informiert, was die notwendige Transparenz für eine rechtsgültige Einwilligung aus datenschutzrechtlicher Sicht schafft. Trackingdaten dürfen nur zum Zweck der korrekten Abrechnung erfasst werden. Es gibt keine Hinweise, dass sich der ZVV nicht daranhalten würde, weshalb auch kein Anlass für eine Kontrolle besteht.»

Automaten bleiben

Stellt sich die Frage, was aus den bisherigen Verkaufskanälen wird. Werden diese nun abgeschafft? Der ZVV beruhigt: «Wir bieten den Fahrgästen weiterhin die ganze Palette der Ticketbezugsmöglichkeiten an. Das heisst, der Ticketkauf ist auch künftig am Automaten, via Smartphone, am Schalter oder per Telefon möglich.» Ein Umstand, der auch beim Konsumentenschutz für Erleichterung sorgen dürfte, denn diesem seien «Alternativen zum Check-in-System enorm wichtig».

Nicht aus der Welt schaffen kann der ZVV hingegen die Befürchtung, dass es künftig für den Kunden (noch) schwieriger wird, zu beweisen, dass er sein Billett korrekt gelöst hat. Der Kunde ist verantwortlich dafür, dass der Akku seines Smartphones immer genug Energie vorweist und die nötigen Funktionen wie Ortungsdienste nicht aus Versehen deaktiviert sind bzw. werden, heisst es sinngemäss in den FAQ zur ZVV-App. «Weil die entsprechenden Daten beim ZVV sind, wird das Machtgefälle und Konfliktpotenzial zwischen Anbietern und Reisenden dadurch noch grösser», glaubt Walpen vom Konsumentenschutz.

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