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Porträt

Er ist der Mentalist von Zürich

Von: Ginger Hebel

05. März 2013

Tobias Heinemann kann Gedanken lesen und Lügen erraten. Am 15. März tritt er mit seinem neuen Bühnenprogramm im Volkshaus auf.

Die Leute zu überreden, ihm zu glauben, das ist nicht seine Intention, denn Gedanken sind frei. Dass Tobias Heinemann aber Gedanken lesen und Menschen analysieren kann, das hat er schon häufig öffentlich bewiesen. Bekannt geworden ist der Zürcher durch die SRF-TV-Sendung «Der Gedankenjäger». Dank raffinierten Kommunikationsmodellen und psychologischen Strategien gelang es ihm herauszufinden, was sich in den Köpfen ahnungsloser Passanten und Prominenter abspielt. Ein Trick? «Nein, das ist es nicht», sagt Heinemann. «Was ich mache, ist aber auch nichts Übersinnliches, daran glaube ich selber nicht. Ich habe auch keine Eingebung und keine Stimme, die zu mir spricht.» Es ist auch nicht so, dass er eine Person ansieht und sofort alles über sie weiss, «wenn ich das könnte, dann wäre ich an der Börse und nicht auf der Bühne.» Vielmehr beruht sein Können unter anderem auf Körpersprache-Techniken und Psychologie, viele bezeichnen ihn auch als lebenden Lügendetektor.

Der Körper lügt nie

Er schaut seinem Gegenüber tief in die Augen, konzentriert sich zum Beispiel darauf, ob sich die Pupille nach links oder rechts oben bewegt, wenn man visuelle Erinnerungen abruft oder konstruiert. Der Körper lügt nie, so dass Zitat auf seiner Homepage. «Jeder Mensch sendet auf Gefühle unbewusst Mikro-Signale, diese sind bei allen mehr oder weniger gleich.» Es sind Reaktionen, die automatisch geschehen, wenn man den Gedanken fasst. «Ich spüre auch vieles über den Körperkontakt heraus», sagt Tobias Heinemann. Aus diesem Grund kann er einzelne Gedanken lesen und sogar Kreditkartencodes oder Telefonnummern wildfremder Menschen erraten. Die verschiedenen Techniken hat er sich autodidaktisch mit Fachliteratur beigebracht. Sein Gedächtnis trainiert er auf unterschiedliche Weise. «Das Hirn ist ein Muskel, den man trainieren muss. Eine Grundbegabung und gewisse Fähigkeiten müssen jedoch angeboren sein, sonst wird man kein Profi, das ist bei einem Musiker oder anderen Künstlern auch so.»

Der 40-Jährige wurde im Rheinland (D) geboren, seine Eltern sind beide Deutsche. Obwohl er in Zürich aufgewachsen ist und hier lebt, hat ihn die Fröhlichkeit und der Optimismus der Rheinländer geprägt. Schon als Kind machten sich seine besonderen Fähigkeiten im familiären Umfeld bemerkbar; so fand er verlegte Schlüssel wieder. Er war ein aufmerksames Kind, das sehr geduldig und konzentriert sein konnte, sofern es etwas wirklich interessierte. Dass er die künstlerische Laufbahn einschlagen würde, war Tobias Heinemann früh klar. Er studierte Schauspiel, Tanz und Gesang in London. Heute verdient er sein Geld als Mentalist und tritt auf der ganzen Welt auf; sehr gern in Japan, weil die Menschen dort besonders begeisterungsfähig seien. Er mag aber auch das Zürcher Publikum. «Es ist verhalten. Man muss es zuerst überzeugen, bevor es die Leistung anerkennt. Das ist ein Ansporn.» Hauptsächlich wird Tobias Heinemann von Firmen für seine mentalen und psychologischen Experimente gebucht. Er macht das gerne, nur die breite Öffentlichkeit erreicht er dadurch weniger. Aus diesem Grund hat er wieder eine neue Bühnenproduktion auf die Beine gestellt – sein drittes abendfüllendes Soloprogramm. Mit «Serendipity – Glückliche Zufälle» tritt er am 15.  März im Volkshaus auf. In seiner interaktiven Show geht es darum, das Unvorhersehbare zu manipulieren und mit Wahrnehmung und Kontrolle zu spielen. Er führt die Experimente live mit Leuten aus dem Publikum durch. Seine Suggestions-Techniken sind erprobt, er will niemanden blossstellen. «Ich möchte, dass die Leute Spass haben und dass sie sich danach überlegen, wie leicht sie sich manipulieren lassen.» Denn der Mentalist ist überzeugt: «Wir sind alle beeinflussbar.» Sogar er selbst. «Es ist perfide. Auch ich lasse mich von der Werbung manipulieren, obwohl ich die Techniken kenne.» Tobias Heinemann mag nicht genau verraten, was das Publikum bei seiner Show erwartet, «wenn ich es sage, dann wäre es ja so, als würde ich den Schluss eines Films erzählen.» Bei Live-Experimenten besteht immer ein gewisses Risiko, dass sie nicht funktionieren – zum Beispiel dann, wenn sich eine Person ihm gegenüber komplett verschliesst. Heinemann ist vor jedem grösseren Auftritt ein bisschen angespannt, und das ist ihm ganz recht, denn er mag das Adrenalin, das ihm durch die Adern schiesst. «Wenn ich zu ­ruhig bin, passieren mir zwar keine Fehler, aber es fehlt ein wenig der Drive.»

Wenn er nicht gerade Gedanken jagt, dann schaut er gerne Filme – auch die Krimiserie «The Mentalist». Obwohl vieles Fiktion bleibt, ist es für ihn spannend, die Sichtweise von Hollywood zu betrachten. Er kann sehr gut ein Wochenende zu Hause verbringen und seinen Gedanken nachhängen, die kommen und fliegen. Komplett abschalten, das fällt aber auch ihm oft schwer. «Ich denke viel nach, mich beschäftigt vieles. Das ist aber auch mein Job.» Wenn er sich mit seinen Bekannten trifft, dann ist er nicht Tobias, der Mentalist, sondern Tobias, der Freund. «Sie spüren, wenn ich normal bin oder wenn ich etwas ausprobieren möchte. Man sieht es meist an meinem Blick, der dann sehr intensiv ist.» Tobias Heinemann kann wohl einzelne momentane Gedanken lesen, aber nicht in die Zukunft sehen. Er wünscht sich, dass es für ihn beruflich weiterhin so gut läuft und künftig vermehrt öffentliche Gastspiele folgen werden, damit er ein grösseres Publikum erreichen kann. Auch ein neues TV-Projekt kann er sich gut vorstellen. Er ist ein Optimist, und das Hirn, es ist sein Kapital. Denn es ist alles nur im Kopf.

Am 15. März tritt Tobias Heinemann mit seiner Show «Serendipity» im Volkshaus – Weisser Saal auf. www.tobiasheinemann.ch

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