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Porträt

«In Zürich gibt es keine wirklich schlechten Restaurants», sagt Balz Hösly, Herausgeber von «Waltis Beizenführer». Bild: WS

Ungeschminkte Beizentipps

Von: Werner Schüepp

28. Januar 2020

Wie geht es der Zürcher Gastroszene? Kaum einer kennt sie so gut wie Balz Hösly, Herausgeber von «Waltis Beizenführer». In der neuesten Ausgabe haben er und sein Team 320 Restaurants getestet und dabei auch «schwarze Schafe» gefunden.

Es gibt renommiertere, ältere, dickere und farbigere Gastroführer über Zürichs Restaurantwelt – aber es gibt nur eine Publikation wie Waltis Beizenführer, davon ist Balz Hösly überzeugt. Er ist der Verleger dieses Büchleins, welches seit über 30 Jahren einmal jährlich erscheint, die unter- schiedlichsten Beizen in der Stadt und im Kanton Zürich unter die Lupe nimmt und Kultstatus geniesst. Vor wenigen Wochen ist die neueste Ausgabe erschienen.

Das Redaktionsteam hat im vergangenen Jahr 320 Restaurants besucht und kommentiert sowie 60 Lokale neu in den Führer aufgenommen. «Was gibt es Schöneres, als mit der Familie oder Freunden einen Abend in einer gemütlichen Beiz zu verbringen und sich bei gutem Essen und passenden Getränken über Gott und die Welt zu unterhalten?», sagt Hösly. Dieses urmenschliche Bedürfnis sei es, welches ihn motiviere, jedes Jahr wieder einen neuen Beizenführer herauszugeben. Finanziell sei es kein lohnendes Geschäft, sagt er, das Test-Team arbeitet ohne Honorar und bekommt für die Beizenbesuche eine kleine Spesenentschädigung, welche die Ausgaben nicht deckt. Weshalb tut er sich dies trotzdem an? Hösly: «Wir alle engagieren uns aus purer Freude. Ich bin überzeugt, dass ein ehrlicher, unbestechlicher, nicht kommerziell orientierter Restaurantführer durch die Zürcher Gastronomielandschaft eine lebendige Beizenszene unterstützt.» Sein Erfolgsrezept: Nicht langweilen mit langfädigen Beschreibungen hochdekorierter Gaststätten, die in Glanzmagazinen in den Himmel gelobt werden, sondern ungeschminkte Beizentipps vermitteln. «Unser wichtigstes Kriterium ist das gastronomische Gesamterlebnis, bei dem Atmosphäre, Küche, Service und Passion der Wirtsleute stimmen müssen.»

Um Restaurants hervorzuheben – positiv oder negativ – werden einzelne Gaststätten mit kleinen Symbolen gekennzeichnet. Die Beizen, die rundum gefallen, erhalten ein Herz, diejenigen, die sich verbessern müssen, ein schwarzes Schaf. Weitere Symbole sind die Armbrust für Schweizer Qualität und der Feldstecher, um einen Fokus zu setzen. «Diejenigen Beizen, die mit einer Rose ausgezeichnet werden, waren Waltis persönliche Lieblinge mit Wohlfühl­atmosphäre – dies möchten wir als Hommage an Walti weitergeben», so Hösly.

Gnadenlose Konkurrenz

Balz Hösly und sein Team haben sich 2019 durch 320 Beizen gegessen. Wie präsentiert sich die Zürcher Gastroszene aktuell? «Sie ist lebendig, abwechslungsreich und innovativ», sagt Hösly, «es gibt genau genommen in Zürich keine wirklich schlechten Restaurants». Eine schlecht geführte Beiz könne in der Stadt Zürich nicht lange überleben, dafür sei die Konkurrenz zu gross. Die Erwartungen an den Wirt sind allerdings gestiegen. Wer heute nicht mit dem Zeitgeist gehe, auf Gastfreundschaft und Ehrlichkeit setze, der sei schnell weg vom Fenster. Als Beispiel nennt Hösly den «Groben Ernst» im Kreis 1, den Waltis Beizenführer mit einem schwarzen Schaf zeigt und mit deutlichen Worten kritisiert. Die Exzentrik und Unverschämtheit des Wirts widerspreche sämtlichen Prinzipien der Gastfreundschaft, heisst es in der Besprechung. Hösly: «So geht Wirten in Zürich nicht. Das städtische Lokal ist übrigens mittlerweile geschlossen, was mich nicht wirklich erstaunt.»

Welches sind seine Lieblingslokale? Das werde er oft gefragt, sagt Hösly, und die Frage könne er nicht generell beantworten, schliesslich komme es immer darauf an, was, wo und wie er essen möchte. «Ein sicherer Wert ist für mich das Equi Table im Kreis 4, weil der Gast hier eine grossartig regionale, gehobene Küche geniessen kann.» Als zweites Lokal nennt er den «Alten Löwen» in Oberstrass – diese Quartierbeiz werde von Maria und Röbi Burri-Lutz mit viel Herzblut und grosser Konstanz geführt. Und ein weiterer Favorit ist die «Metzg» im Seefeld, weil da die Wirtsleute Miguelanez-Böttiker seit Jahren mit einer Top-Küche ihre Gäste betreuen und der Retro-Charme der Beiz fast nicht zu überbieten ist.

Balz Hösly, 61, Anwalt, alt FDP-Kantonsrat, Präsident und Mitglied verschiedener Verwaltungsräte (Hallenstadion, Bombardier, Greater Zurich Area), war bei Waltis Beizenführer nicht von Beginn an dabei. Der Werber Walter Kunz gründete den Führer durch die Gastroszene vor über 30 Jahren. Was zunächst nur Kunz’ Freundeskreis erfreute, fand schnell Beachtung bei einer grösseren Leserschaft.

Neues, frisches Layout

Im Lauf der Jahre wurde das Büchlein ausführlicher und professioneller. Hösly, Gourmet und Hobbykoch, schrieb viele Jahre als Co-Autor mit und als Kunz 2017 verstarb, übernahm er in Absprache mit der Familie Kunz die Publikation mit einer Auflage von 1800 Exemplaren und stellte sicher, dass der kleine Gastroführer weiter erscheint. Unterstützt wird er dabei von Sonja Wollkopf-Walt als Redaktorin und einem kleinen Redaktionsteam, Martina Aepli, Walter Anderau, Joggi Hauser und Regula Wegmann. Zum 30-Jahr-Jubiläum gab es einen neu gestalteten Auftritt, ein frisches Layout und – um die jüngere Generation anzusprechen – eine Internetseite, damit man die Tipps auch online nutzen kann. Laut Balz Hösly sind die nächsten Jahre für den Leitfaden der Zürcher Restaurantszene finanziell gesichert. «Wir machen so weiter, wie das die Leserinnen und Leser unseres Beizenführers erwarten: persönlich, fair, ohne Chichi», sagt er.

Weitere Informationen: waltis-beizenfuehrer.ch

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