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Ratgeber

Die Antwort kennt Hans Giger (89), emeritierter Professor für Rechtswissenschaften an der Uni Zürich. Bild: SB

Darf man ein Gespräch heimlich aufnehmen?

Von: Sacha Beuth

Bei einem Streitfall vor Gericht steht gelegentlich Aussage gegen Aussage. Was aber, wenn man die Gespräche beim Vorfall heimlich aufgenommen hat und als Beweis vorlegt? Ist das erlaubt?

Die Frage nach der Zulässigkeit beziehungsweise Strafbarkeit von «Aufzeichnungen eines Gesprächs» kann nicht eindeutig beantwortet werden. Es kommt immer auf den Einzelfall und das Ermessen des jeweiligen Richters an. Grundsätzlich geniesst die Privat- und Geheimspäre des Einzelnen einen starken Schutz vor Eingriffen. Darunter fällt auch das unbefugte Aufnehmen von Gesprächen. Zuwiderhandlungen können Geldbussen oder gar Freiheitsstrafen nach sich ziehen.

Kann die Person, die unbefugt ein Gespräch aufgenommen hat, jedoch Rechtfertigungsgründe geltend machen, ist es möglich, dass sie für die Aufnahme nicht bestraft wird. Als Rechtfertigungsgründe gelten etwa erhebliche persönliche Nachteile, die ohne die Aufnahme entstehen könnten – etwa eine Verurteilung, Rufschädigung oder finanzielle Einbusse – oder der Nachweis einer schweren Straftat. Rechtfertigungsgründe können nicht nur gegenüber Privat-, sondern auch gegenüber Amtspersonen (Polizei) geltend gemacht werden. Es obliegt dann wie eingangs erwähnt dem Richter, ob er die Verletzung eines Rechtsguts oder den Rechtfertigungsgrund im Sinne der Wahrheitsfindung höher gewichtet. Gemäss Praxis gilt die Maxime, wonach sich der Anspruch auf Straflosigkeit einer «Gesprächsaufzeichnung» eher verwirklicht, wenn die Offenlegung der Aufdeckung von schweren Verbrechen oder zur Abwehr falscher Anschuldigungen dient.

Dazu ein Beispiel: Angenommen, zwei Fahrzeuglenker geraten nach einem Unfall in Streit. Der eine droht dem anderen mit Prügel oder gar Mord. Vor Gericht leugnet er aber die Drohungen. Hat der Bedrohte die Drohung jedoch heimlich aufgenommen und legt die Aufnahme als Beweis vor, wird er sich kaum dafür verantworten müssen, weil diese «Selbstverteidigungshandlung» einen Rechtfertigungsgrund bildet.

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