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Reportage

An vorderster Flammenfront

Von: Ginger Hebel

22. Mai 2018

Petra Imfeld kommt, wenns brennt: Die 38-Jährige ist eine von fünf Frauen bei der Berufsfeuerwehr von Schutz & Rettung Zürich. Sie ist fasziniert von der Kraft des Feuers. Von Ginger Hebel

26. April, 10.09 Uhr, der Dachstock des UBS-Gebäudes in der Zürcher Innenstadt brennt. Berufsfeuerwehrfrau Petra Imfeld wird mit ihrem Team von Schutz & Rettung zum Einsatz gerufen. Sie trägt ihre Brandschutzausrüstung, Atemschutz und rutschfeste Stiefel. Als sie das Kupferblechdach aufschneidet, schlagen ihr Flammen und Rauch entgegen. Es ist heiss. Petra Imfeld hat keine Angst, aber Respekt. «Bei jedem Einsatz schiesst das Adrenalin durch den Körper, es macht einen stark. Man kann viel mehr leisten, als man glaubt. Es spielt dann keine Rolle mehr, ob man ein Mann ist oder eine Frau», sagt die 38-Jährige. Mehrere hundert Leute werden aus dem Gebäude und der angrenzenden Baustelle evakuiert. Es dauert sechs Stunden, bis der Brand gelöscht ist. Der Einsatz auf dem steilen Dach bringt auch die erfahrene Feuerwehrfrau an die Erschöpfungsgrenze. «Das war einer der anstrengendsten Einsätze seit langem.»

Petra Imfeld ist eine von fünf Berufsfeuerwehrfrauen bei Schutz & Rettung Zürich, unter rund 250 Männern. Sie hat damit kein Problem. «Die Feuerwehr ist wie eine zweite Familie, man erzählt sich viel.» Sie mag die Herausforderung. Als eine von wenigen Frauen hatte sie es damals in die Pilotenrekrutenschule geschafft. Sie wollte Berufsmilitärpilotin werden, scheiterte jedoch in der letzten Vorauswahl. Die Ausbildung bei der Berufsfeuerwehr meisterte sie mit Bravour. Sie arbeitete sich bis zum Wachtmeister hoch. Als Offizier am Feuer koordiniert sie die Einsätze.

Brennende Einweggrills

Die Schicht bei der Berufsfeuerwehr an der Weststrasse beginnt um halb acht Uhr morgens und dauert 24 Stunden, danach folgen 48 Stunden Ruhepause. Den Ernstfall kann man nicht trainieren, dennoch gehören Feuerwehrübungen zum Pflichtprogramm. Um körperlich fit zu bleiben, machen sie eine Stunde Sport am Tag, sie essen gemeinsam und reparieren in der Werkstatt das Einsatzmaterial. Nachts legen sie sich in den Räumlichkeiten der Feuerwehr hin, schlafen mit gespitzten Ohren, bis der Alarm losgeht.

Von 3500 bis 4000 Einsätzen im Jahr betreffen nur rund 10 Prozent Brände. «Aktuell sind brennende Einweggrills in Containern ein Problem», sagt Petra Imfeld. Sie rückt auch bei Überschwemmungen aus und rettete schon manche Katze von den Bäumen. «Seit die Einsätze verrechnet werden, sind es deutlich weniger geworden.» Petra Imfeld und ihre Kameraden reanimieren auch Menschen mit Herzstillstand, manchmal können sie dadurch Leben retten. «Kürzlich starb mir eine junge Frau unter den Händen weg, eine alleinerziehende Mutter, das ging mir sehr nah», erzählt sie. Doch die Anonymität in der Stadt helfe, Erlebtes besser zu verarbeiten. «Auf dem Land kennt man sich. Das macht es schwieriger, emotionale Distanz zu wahren.»

Sie rückt gerne aus, «mich fasziniert die Kraft des Feuers.» Während eines Einsatzes bleibt ihr keine Zeit, das Flammenbild auf sich wirken zu lassen, «aber wenn ich den Grill anschmeisse und eine Wurst brätle, dann geniesse ich die lodernden Flammen.» Bei Einsätzen reagiert Petra Imfeld ruhig und besonnen, «die Erfahrung hilft mir.» Kürzlich brannte bei ihr zu Hause der Backofen, sie erschrak, obwohl sie weiss, wie man ein Feuer löscht. «Ich war nicht vorbereitet, löschte automatisch und habe danach selber einen Moment lang gezittert.»

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