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Reportage

Obwohl Erdmännchen fast in jedem Zoo gezeigt werden, sind ihre artspezifischen Bedürfnisse nicht immer leicht zu befriedigen. Bild: Knies Kinderzoo

Anspruchsvolle Zoolieblinge

Von: Sacha Beuth

04. Oktober 2022

Erdmännchen stehen bei Zoobesuchern nicht zuletzt dank Disneys «König der Löwen» hoch im Kurs. Mancher wünscht sich die kleinen Racker gar als Haustiere. Doch deren Haltung ist selbst für Fachleute anspruchsvoll, weshalb die Uni Zürich zusammen mit dem Kinderzoo ein Symposium zum Thema veranstaltet.

Bereits letzte Woche hatte sich das «Tagblatt» dem Thema Erdmännchen angenommen. In der Rubrik «Zoo intern» berichtete Severin Dressen, Direktor des Zoo Zürich, über bemerkenswerte Eigenschaften der kleinen Raubtiere wie etwa das Wacheschieben und die unterschiedlichen Warnrufe. Doch über diese Tierart gibt es noch weit mehr Interessantes zu erzählen, insbesondere, was deren Haltung in menschlicher Obhut und deren Popularität anbelangt.

Durch das «Männchen machen», ihr reges Sozialverhalten und natürlich durch die Figur «Timon» aus Disneys «König der Löwen» sind Erdmännchen in Zoos längst Besuchermagneten geworden. Kaum ein Tiergarten, der die Kleinsäuger aus dem südlichen Afrika nicht zeigt. Zudem scheint es immer mehr Personen zu geben, die Erdmännchen als Haustiere halten wollen. Eine Entwicklung, die Marta Manser, Erdmännchen-Forscherin an der Uni Zürich, und Kurt Müller, Kurator von Knies Kinderzoo in Rapperswil, mit einer gewissen Besorgnis verfolgen. Denn eine artgerechte Haltung in Gefangenschaft ist anspruchsvoll und wird selbst in Zoos teilweise immer noch unterschätzt. Um Erfahrungen bei der Haltung zusammenzutragen und auszutauschen, veranstalten Manser und Müller am 26. Oktober im Campus Irchel der Uni Zürich für Fachpersonen ein Symposium.

«Es gibt viele ungeklärte Fragen um diese Tierart», erzählt Müller. «Zum Beispiel, wie man Erdmännchen am besten ernährt». In den Zoos seien Erdmännchen oft übergewichtig, erklärt Manser. «Sie erhalten zu viel Nahrung bei zu wenig Bewegung.» Den aktiven Jägern Lebendfutter anzubieten, ist nur begrenzt möglich. «Bei Wirbellosen wie Heuschrecken geht das, Küken oder Mäuse dürfen hingegen laut Tierschutzgesetz nicht lebend verfüttert werden.» Zudem ist die Fütterung mit fliehenden Heuschrecken weniger effizient, als wenn man im Sand vergrabene Futterpellets anbietet. «Entscheidend ist, einen guten Mix zwischen lebender und nichtlebender Nahrung zu finden und zugleich die Tiere mit Futtersuche zu beschäftigen.»

Ein weiteres Problemfeld ergibt sich aus der Dynamik der Gruppenstruktur. «In einer Erdmännchengruppe hat nur das Alpha-Weibchen Nachwuchs. Wenn dieses trächtig ist, verhält es sich gegenüber den anderen Weibchen äusserst aggressiv. Im Zoo muss man die Tiere dann rechtzeitig trennen.» Auch der Nachwuchs müsse irgendwann umplatziert werden. «Doch dafür fehlen in den Zoos oft zusätzliche Unterbringungsmöglichkeiten», so Manser.

Als Haustier ungeeignet

Wegen ihrer intensiven Scharrtätigkeit ist es zudem nicht ganz einfach, ein Gehege ausbruchssicher zu gestalten. Auch sind Erdmännchen nicht winterhart und benötigen in der kalten Jahreszeit eine passende Innenanlage. «Insgesamt braucht es für eine artgerechte Unterbringung nicht nur viel Knowhow und Zeit, sondern auch viel Geld. Beides fehlt Privaten in der Regel, weshalb Erdmännchen – obwohl mit entsprechender kantonaler Bewilligung legal erwerb- und haltbar – als Haustiere völlig ungeeignet sind und nur in die Hände von Fachpersonen gehören», betont Müller. «Wir veräussern darum wie jeder seriöse Zoo überzählige Erdmännchen auch nicht – trotz der Anfragen, die wir deswegen immer wieder erhalten.»

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