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Reportage

Müssen noch ein letztes Mal in Reih und Glied stehen: Stadtzürcher Wehrmänner bei der Entlassung aus dem Militärdienst in der Kaserne Birmensdorf. Bild: SB

Antreten zum letzten Abtreten

Von: Sacha Beuth

20. September 2016

Am letzten Donnerstag wurden 381 Stadtzürcher Wehrmänner in der Kaserne Birmensdorf aus ihrer Dienstpflicht entlassen. Die meisten freuten sich, bei einigen kam aber auch Wehmut auf.

Im Erdgeschoss des Gebäudes F in der Kaserne Reppischtal sieht es aus wie bei einem Postenlauf. Nur dass die 381 Stadtzürcher Wehrmänner, die sich an diesem Donnerstagmorgen zur Entlassung aus der Militärdienstpflicht in Birmensdorf einfinden, für einmal nicht rennen müssen. In aller Ruhe können Sie bei jeder Station ein Stück ihrer Militärausrüstung abgeben. Dabei wird zwischen rückgabepflichtigen Gegenständen wie Sturmgewehr (ausser man hat die dafür notwendigen Vorgaben zum Behalten der Waffe erfüllt) und freiwillig abzugebenden Gegenständen wie Hemden, Sackmessern oder Gamellen unterschieden. Für die Abgabe sind 75 Personen, zumeist WK-Soldaten, im Einsatz. Organisiert wird der Anlass von der kantonalen Militärverwaltung mit Unterstützung der Armee.

Einer, der möglichst alles loswerden will, ist Robert Kavan aus dem Kreis 6: «Das ganze Zeug hat 10 Jahre in den Taschen vor sich hin gegammelt. Jetzt ist es endlich weg.» Mit Genuss schmeisst er dann auch eines der hellblauen Ausgehhemden in hohem Bogen in den Sammelbehälter. Nicht alle können sich so leicht von den Armeeutensilien trennen, vor ­allem dann nicht, wenn man diese auch im Privatleben brauchen kann. «Fleecejacken, T-Shirts und Schlafsäcke werden oft behalten», weiss Peter Hotz, Projektleiter beim Amt für Militär und Zivilschutz.

Mehr Platz im Keller

Vom gesammelten Material fliessen rund 85 Prozent wieder in den Turnus, wie Christoph Rüegg, Chef Persönliche Ausrüstung vom Armee­logistikcenter Hinwil, erklärt. Darunter auch fast alle Waffen. «Von den ausgemusterten Soldaten aus Zürich behalten gerade mal 3 Prozent ihr Gewehr. Bei den Zürcher Oberländern sind es 12 Prozent». Den Unterschied erklärt Rüegg damit, dass im Oberland Schiessvereine populärer sind als in der Stadt.

Auf der Terrasse der an die Kaserne angeschlossenen Kantine haben es sich derweil Fadri Furrer, Hans-Ruedi Dimmler, Roman Engeli und Daniel Agner gemütlich gemacht. Sie warten darauf, bis sie bei der anstehenden Abschiedsfeier offiziell aus dem Dienst entlassen werden. Während Furrer der Entlassung mit Gleichgültigkeit entgegenblickt, freuen sich Dimmler und Engeli, nicht mehr mit dem «ganzen Plunder» einrücken zu müssen und «wieder mehr Platz im Keller» zu haben.

Um 12 Uhr ist es endlich so weit. In der Turnhalle der Kaserne werden die Wehrmänner mit Reden von Kreiskommandant Daniel Bosshard und Stadtrat Andres Türler und im Beisein weiterer Zürcher Vertreter aus Militär und Politik verabschiedet. Türler bedankt sich bei den Soldaten für ihren Einsatz und gibt sich für einen einstigen Oberst im Generalstab bemerkenswert verständnisvoll: «Auch ich bin nicht immer mit dem grössten Enthusiasmus eingerückt.»

Noch ein letztes Mal werden die Wehrmänner von Bosshard in die Achtungsstellung befohlen, dann darf man sich am Apéro laben und seiner Wege gehen. «Wir sind zwar froh, die Sache hinter uns zu haben. Aber jetzt macht sich doch langsam Wehmut breit. Wir hatten eine Superkameradschaft», erzählt Veli Balaban, der mit seinem Zwillingsbruder Mehmet mit einem Bier auf die Entlassung anstösst. Schaut man in die Gesichter der ausgemusterten Soldaten, dürften sie nicht die Einzigen mit dieser Meinung sein.

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