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Reportage

Meister der Tarnung: Das Wandelnde Blatt aus der Familie der Schrecken. Bild: Zoo Zürich

Atmen ohne Lunge

Von: Severin Dressen

09. November 2021

ZOO INTERN Alle zwei Wochen berichtet das «Tagblatt der Stadt Zürich» über Neues

oder Wissenswertes aus dem Tiergarten. Heute geht es um die Atmung von Insekten.

Der Herbst hat Einzug gehalten. Mit dem kühleren Wetter kommt auch wieder die Zeit, wo einem manchmal die Nase etwas läuft – ein Problem, das die Insekten nicht kennen. Sie haben nämlich gar keine Nase. Und auch keine Lunge. Auch keine Kiemen wie die Fische. Aber wie atmen Insekten folglich?

Insekten versorgen ihren Körper über ein Röhrensystem mit Sauerstoff. An der Körperoberfläche haben sie an Brust und Hinterleib kleine Löcher in ihrem Chitinpanzer, die sogenannten Stigmen. Sie sind die Atemöffnungen – im allerweitesten Sinn die «Nasen» des Insekts. Über diese kleinen Löcher kann Luft in den Körper eintreten. Damit wirklich nur Luft hineinkommt, sind die Stigmen mit kleinen feinen Härchen versehen, die Staub und andere unerwünschte Partikel aus der Luft filtern. Wenn nötig, können die Insekten die Atemöffnungen auch schliessen.

An die Stigmen schliessen Luftröhren an, die Tracheen. Die Tracheen führen in das Insekt hinein und verzweigen sich dort über ein immer feiner werdendes Netz im ganzen Körper. Durch die feinsten Röhrchen in diesem System, man nennt sie Tracheolen, gelangt der Sauerstoff durch Diffusion schliesslich in das Gewebe. Viele Insekten haben zwischen den Tracheen zudem auch noch spezielle Luftsäcke, die den Luftaustausch zusätzlich fördern.

Begrenzte Reichweite

Die Atmung über dieses Röhrensystem mittels Diffusion hat eine wichtige Folge: Sie limitiert die Körpergrösse der Insekten. Denn je weiter ein Organ oder Gewebe von der Körperoberfläche entfernt ist, desto schwieriger ist es, dass der Sauerstoff noch dort hingelangt. Ist man so klein, wie es die Insekten heute eben sind, gibt es keine Probleme – in dieser Grössenordnung ist auch die innerste Mitte des Körpers noch nah an der Oberfläche. Ein Insekt in Elefantengrösse würde aber schlicht nicht funktionieren, weil die inneren Organe und Gewebe viel zu weit von der Körperoberfläche entfernt wären, um noch genügend Sauerstoff zu erhalten.

Vielleicht fragen Sie sich nun, wie es dann möglich ist, dass es vor rund 300 Millionen Jahren libellenähnliche Rieseninsekten mit Flügelspannweiten von bis zu 70 Zentimetern gab? Die Antwort liegt in der Luft: Der Sauerstoffgehalt der Atmosphäre betrug zu dieser Zeit über 30 Prozent und war damit deutlich höher als heute mit rund 21 Prozent.

 

Meister der Tarnung

Insekten atmen nicht nur anders als wir, sie sehen auch äusserlich oft aus wie von einem anderen Planeten – oder aber wie eine Pflanze. Viele Insekten sind Meister der Tarnung, zum Beispiel die Gespenstschrecken und Wandelnden Blätter, die Sie bei uns im Exotarium mit genauem Hinschauen entdecken können.

Weitere Infos: www.zoo.ch

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