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Reportage

Abschiedsfoto mit Elchkuh und ihren Zwillingen. Bild: Martin Kilchenmann

Auf den Elch gekommen

Von: Sacha Beuth

03. Juli 2018

WILDNISPARK ZÜRICH Sowohl in der Natur wie in Zookreisen gelten Elche als wählerische und mitunter gefährliche Gesellen. «Tagblatt»-Redaktor Sacha Beuth hat sich davon aber nicht abhalten lassen, einen Tag als Elchpfleger im Wildnispark Zürich zu verbringen. Dabei lernte er auch die sensible Seite der Riesenhirsche kennen.

Gehört habe ich ihn nicht und bin darum ziemlich überrascht, als er plötzlich neben mir am Zaun steht. Dabei hatte doch Fritz, der 13-jährige Elchbulle des zum Wildnispark Zürich zählenden Wildparks Langenberg, eben noch in der Mitte seines Geheges gelegen. «Elche können sich äusserst leise fortbewegen», erklärt Tierpfleger Toni End, der mir bei meinem eintägigen Einsatz als Elchbetreuer auf die Finger schaut. «Das führt etwa in Skandinavien zu unverhofften Begegnungen zwischen Tier und Mensch und vorab für Letzteren gelegentlich zu gefährlichen Situationen. Eine wuchtige Kopfbewegung mit dem Geweih oder ein kräftiger Tritt mit den Beinen kann tödlich sein.» Darum gilt im Wildnispark Zürich für die Pfleger auch die Regel, den direkten Kontakt mit ihren Pfleglingen möglichst immer zu vermeiden. «Zumindest muss man sich immer geschützt zurückziehen können, indem man etwa die Gehegetür als Schild benützt», so End.

Huftritt gegen den Schieber

Mein ohnehin schon gehöriger Respekt vor den bis zu 700 kg schweren und über 2,10 m hohen Tieren wächst noch ein bisschen mehr. Und wird gleich bestätigt. Denn als Fritz und sein rund einjähriger Sohn auf Zurufen von End in ihren Stall trotten, um ihr Frühstück aus Pellets, Luzerneheu und ein paar saftigen Äpfeln in Empfang zu nehmen, und der Pfleger den Schieber hinter ihnen schliesst, knallt Fritz mit seinen Hufen dagegen. Irgendetwas muss dem Bullen missfallen haben.

Bei der nächsten Elchanlage, wo ein etwa 7-jähriges Muttertier mit ihren im Frühjahr geborenen Zwillingen untergebracht ist, beginnt auch für mich die Arbeit. Unter der Anleitung von End montiere ich die abgefressenen Weidenäste aus ihren Verankerungen, schleppe sie aus dem Gehege und werfe sie auf einen Haufen. Dann wird mit Schaufel, Rechen und Schubkarre der Kot eingesammelt, wobei für die veterinärmedizinische Kontrolle ein paar Böhnchen in einen Plastikbecher wandern. «Das ist sehr wichtig, denn Elche lesen sich leicht Parasiten auf», sagt End.

Zusammen bringen wir nun frisch belaubte Weidenäste in die Anlage. «Weidenlaub zu beschaffen, ist sehr aufwendig. Aber gerade dieses haben unsere Elche am liebsten. Und sie sind sehr wählerisch. Angetrocknete Blätter rühren sie kaum an.» Daneben gibt es noch charakterliche Unterschiede. Während das Weibchen dem «fremden Fötzel», der im Nebengehege zum Abschluss noch das alte Laub und Stroh zusammenwischt, kaum Beachtung schenkt, haben sich die Zwillinge in eine weit entfernte Ecke zurückgezogen. «Das gilt aber mehr mir als dir», bemerkt End. «Vor ein paar Tagen musste ich die beiden festhalten, um ihnen ein Entwurmungsmittel einflössen zu können. Das haben sie mir bis heute nicht verziehen.» Auch Riesen können eben sensibel und nachtragend sein.

Weitere Infos: www.wildnispark.ch

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