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Reportage

Eine Wasseramsel hält an der Sihl Ausschau nach Beute. Bild: Wildnispark Zürich

Auf der Suche nach dem singenden Taucher

Von: Sacha Beuth

25. August 2015

Die Wasseramsel weist eine Vielzahl an Besonderheiten auf. Bei einem Spaziergang entlang der Sihl kann der aussergewöhnliche Vogel mit etwas Glück und Geduld gut beobachtet werden

Das schöne Spätsommerwetter nutzen gegenwärtig viele Stadtzürcherinnen und Stadtzürcher für einen Spaziergang entlang der Sihl. Im Wissen um diesen Umstand empfiehlt nun der Wildnispark Zürich, dabei nach einem eher unscheinbaren, aber trotzdem bemerkenswerten Vogel Ausschau zu halten: der Wasseramsel. Sie ist die einzige der rund 100 Singvogelarten der Schweiz, die im Wasser tauchend nach Nahrung sucht. Doch wie gross ist die Chance, eine Wasseramsel überhaupt zu Gesicht zu bekommen? Das «Tagblatt» ging der Sache auf den Grund und machte sich mit Carmen Herzog, Projektleiterin Bildung & Erlebnis beim Wildnispark Zürich, auf die Suche nach dem gefiederten Jäger.

Die Tour beginnt beim Besucherzentrum des Wildnisparks neben dem Bahnhof Sihlwald. «Wobei man Wasseramseln aber überall entlang der Sihl entdecken kann. Auf Stadtgebiet etwa beim Sihlhölzli, bei der Allmend Brunau, ja sogar in der Umgebung des Hauptbahnhofs», erzählt Herzog. Wichtig sei, dass das Biotop grosse Steine für den Ansitz, eine geringe Wassertiefe, schnell fliessendes Wasser und einen kieselhaltigen Grund vorweise.

Bestens gerüstet

Der Weg führt über die Brücke auf die rechte Sihlseite. Stromabwärts hat Herzog am Morgen bereits ein Exemplar gesichtet. Doch dieses Mal scheint die Suche vergebens. Wohl lassen sich Kohlmeisen, Stockenten, ein Eisvogel, zwei Gebirgsstelzen – laut Herzog seltener als die Wasseramsel – und in einem Teich ein paar Gelbbauch­unken blicken. Von der Gesuchten fehlt jede Spur.

Nach einer guten Stunde versuchen wir es in die andere Richtung – und haben doppeltes Glück: Gleich zwei Exemplare haben sich auf der gegenüberliegenden Seite eingerichtet. Während die eine offensichtlich pausiert, ihre charakteristische weisse Brust präsentiert und dabei ihren gequetscht klingenden Gesang ertönen lässt, steht die andere bis zur Schwanzspitze untergetaucht im Wasser. Trotz der Strömung bleibt sie vor Ort. «Möglich machen dies Hornplatten an der Unterseite ihrer Füsse, die wie eine Gummisohle wirken und ihr selbst auf glitschigen Steinen Halt verleihen», erklärt Herzog. «Ausserdem hat sie im Gegensatz zu anderen Singvögeln markgefüllte Knochen, die ihr weniger Auftrieb verleihen.»

Nach einer Weile taucht die Wasseramsel mit einem Insekt im Schnabel wieder auf. «Vermutlich die Larve einer Köcher-, Eintags- oder Steinfliege, die sie beim Umdrehen der Steinchen unter Wasser gefunden hat», meint Herzog. Bis zu einer Minute kann die Wasseramsel untergetaucht bleiben und – ebenfalls eine Besonderheit – Nasenlöcher und Ohröffnungen schliessen. Ihr Gefieder schützt sie wie die Enten mit einem fetthaltigen Sekret der Bürzeldrüse. «Und die Nickhaut über den Augen sorgt dafür, dass sie unter Wasser wie durch eine Taucherbrille sehen kann.» Wahrlich ein bemerkenswerter Vogel.

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