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Reportage

Wirds ein «Strike» oder ein «Ball»? – Die Schweiz (in Grau) beim EM-Spiel gegen Polen. Bild: Sacha Beuth

Auf einen Schlag im Blickpunkt

Von: Sacha Beuth

30. Juli 2013

Die Baseball-B-EM im Heerenschürli holte die uramerikanische Sportart aus dem hiesigen Schattendasein – und machte Lust auf mehr.

Nach einem heftigen Regenguss scheint über dem Heerenschürli wieder die Sonne. Gerade rechtzeitig, um die B-EM-Partie der Schweizer Baseballnati gegen Polen den würdigen Rahmen zu verleihen. Und während sich die Tribüne immer mehr füllt, wärmt sich das Heimteam um Headcoach Andy Fleischacker auf einem Nebenplatz für das Match auf. Die Umgangssprache ist Englisch, obwohl das Kader bis auf eine Handvoll eingebürgerte Amerikaner und Japaner aus Deutschschweizern besteht.

Um an den Titelkämpfen dabei zu sein und ihrer Sportart, die nahe mit Mattenlauf und Schlagball verwandt ist, ein Schaufenster zu bieten, haben nicht nur die Organisatoren, sondern auch die Schweizer Spieler keine Kosten und Mühen gescheut. «Für die EM haben alle Ferien genommen und jeder musste 700 Franken bezahlen. Wo gibt es das auf Stufe Nationalmannschaft sonst noch?», fragt Sebastian «Seppi» Zwyer, der im Team die Position 3rd Base/Infield einnimmt. So wundert es kaum, dass von wenigen Ausnahmen abgesehen die meisten Spieler einem Beruf nachgehen. Eine dieser Ausnahmen ist Daniel Levine – wobei man sich auch hier keine Gagen eines Profifussballers vorstellen darf. Der 22-jährige Pitcher ist in den USA aufgewachsen und spielt gegen Spesenentschädigung und für ein kleines Taschengeld für die Flyers aus Therwil BL. «Meine Schweizer Mutter riet mir, doch mal ihr Geburtsland zu besuchen und hier Erfahrung zu sammeln. Und ich fand es eine tolle Idee. Es ist eine grosse Ehre für mich, für die Schweiz zu spielen», erzählt Levine.

Liegt die Affinität von Levine für den uramerikanischen Sport quasi auf der Hand, fragt man sich, was die in der Schweiz geborenen Nationalspieler dazu geführt hat. «Es ist die Kombination von Schnellkraft, Präzision und Konzentration, die mich fasziniert,» erklärt der Zürcher Harald «Harry» Bregy, ebenfalls Pitcher. Angefangen habe er zwar mit Fussball, beim FC Schwamendingen. «Dann habe ich auf dem Gymi jemanden kennen gelernt, der Baseball spielte und habe in ein Training reingeschnuppert. Seither hat es mich gepackt.»

Fachpublikum dominiert

Noch wenige Minuten, bis die Partie gegen Polen beginnt. Auf den Rängen machen sich nun die Fans «warm». Marco, Flo, Jêrome, Roberto und Anto sind zwar Baseball-Laien und durch einen SRF-Bericht neugierig geworden, üben sich in «Hopp Schwiiz»-Rufen. Ansonsten dominiert am Spielfeldrand das Fachpublikum. Darunter Frank, der schon seit 20 Jahren Baseball spielt, und Aline. Sie fand über amerikanische Filme und TV-Serien zum Sport. «Und jetzt unterstütze ich meinen Mann, der in der Schweizer Nati als Assistenz-Coach amtiert.»

Dann geht das Spiel los. Das Publikum geht sofort mit. Als die Schweiz mit einem Run in Führung geht, erreicht der Jubel der geschätzt 300 Zuschauer den Lärmpegel von 3000. Leider aber erweist sich Polen in der Folge als zu stark und gewinnt – wenn auch knapp – 3:2. Der tollen Atmosphäre tut dies aber kaum einen Abbruch. Und diverse Expats wie Edward attestieren dem Schweizer Team eine hohe Qualität.

Weil am nächsten Tag auch das Spiel gegen Bulgarien verloren geht, verpasst die Schweiz den Einzug in den B-EM-Final und damit das Aufstiegsspiel ins A-Niveau. Trotzdem wertet Raphael Bienz, OK-Präsident der Europameisterschaft im Heerenschürli und zugleich Präsident der Zürich Eighters, die Veranstaltung als Erfolg: «Wir hatten jeden Tag eine Superstimmung. Und die Leute sind geblieben, selbst wenn es mal geregnet hat. Hoffen wir, dass die Begeisterung anhält.»

Box: Baseball in Zürich

Seit etwas mehr als 30 Jahren wird in Zürich offiziell Baseball gespielt. Ältester Club der Schweiz und somit auch der Stadt sind die Zürich Challengers, die am 5. Dezember 1980 gegründet wurden. Sie bilden mit den Barracudas und den Lions das Stadtzürcher Trio in der NLA. Laut Raphael Bienz gibt es in Zürich total 16 Teams, deren Anzahl Aktiver er auf insgesamt 250 bis 300 schätzt. Neuzuzüger – ob Profi oder Anfänger – seien immer willkommen. Erwachsene, die reinschnuppern möchten, können sich via Internet (z.B. www.eighters.ch, www.challengers.ch, www.barracudas.ch, www.zuerich-lions-baseball.ch) oder bei den Eighters auch via Tel. 078 818 18 48 informieren bzw. anmelden. Für Kinder und Jugendliche bieten die drei NLA-Clubs Nachwuchsabteilungen an.

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