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Reportage

Die Brüder Urs und Jürg Schubiger.

Das bleibt in der Familie

Von: Ginger Hebel

21. November 2012

Gemäss Studien sind Familienunternehmen krisenresistenter als börsenorientierte Unternehmen. Doch mit Mutter, Vater oder Geschwistern in einer Firma arbeiten, kann das gut gehen? Ja! Wie unsere drei Beispiele aus der Stadt Zürich zeigen.

Die starken Brüder

Freunde kann man sich aussuchen, die Familie nicht. Manch einem mag die Vorstellung, mit dem Bruder, der Schwester oder den Eltern zusammenzuarbeiten, einen Schauer über den Rücken jagen, andere können sich nichts Schöneres vorstellen. Die Brüder Urs und Jürg Schubiger leiten Schubiger Möbel – Zürichs grösstes Einrichtungszentrum – in der dritten Generation. «Die Kundschaft schätzt es, wenn sie zu uns kommt und da tatsächlich noch ein Herr Schubiger vor ihnen steht; das ist ja heute eher selten», sagt der 43-jährige Urs Schubiger. Er arbeitete früher bei einer Bank und ist 1999 ins Familienunternehmen eingestiegen. «Ein Druck war nie da, doch mich hat die Möbelbranche immer interessiert.» Vater Marius Schubiger führte das Möbelhaus anfangs noch mit seinem Vater, später allein, bis seine Söhne die Nachfolge antraten. «Wir haben klar getrennte Aufgabenbereiche. Jeder weiss, was er machen muss, und hat seine Kompetenzen. Das ist wohl mit ein Grund, warum es so gut funktioniert.» Die Brüder unterstützen und vertrauen sich. «Als Kinder haben wir uns manchmal gestritten», erinnern sich die beiden. Das hat sich seit der Jugend jedoch grundlegend verändert. Heute arbeiten sie Tag für Tag einvernehmlich unter demselben Dach, und auch privat gehen sie sich nicht aus dem Weg. «Seit wir beide kleine Kinder haben, sehen wir uns privat noch häufiger als im Job, weil wir als Familie viel zusammen unternehmen.»

Urs Schubiger kauft die neusten Wohntrends an den Möbelmessen ein. Wo noch vor zehn Jahren Glastische der Renner waren, sind es heute Holztische. Und statt erdrückender Wohnwände dominieren puristische Sideboards. Urs und Jürg Schubiger schätzen die Schnelllebigkeit der Möbelbranche, weil nie Langeweile aufkommt. Jedoch sehen sich die Brüder auch mit Schwierigkeiten konfrontiert. «Die Preise werden heute viel stärker im Internet verglichen, dadurch entsteht ein Preiskampf.» Bei Schubiger sind deshalb alle Möbel auch in Europreisen angegeben. Das Matratzengeschäft ist für Familie Schubiger ein sehr wichtiges. In der Filiale neben dem Glattzentrum stehen 100 Testmatratzen zum Probeliegen bereit. «Das Schweizervolk arbeitet viel, besonders die Zürcher. Sie wollen gut schlafen und investieren in gute Matratzen.»

Urs und Jürg Schubiger planen voraus. Für den Fall, dass einem von beiden etwas passiert oder einer etwas kürzertreten möchte, haben sie alles geregelt. «Wir haben beide eigene Vertreter, die in so einem Fall das Unternehmen weiterführen könnten.» Und wenn sie doch eines Tages Differenzen haben sollten, dann werden sie sich zusammenraufen. «Wir haben dasselbe Ziel, das hält zusammen. Unser Unternehmen existiert seit 77 Jahren. Wir sind auf dem besten Weg, es erfolgreich weiterzuführen.»

 

Die Musikerfamilie

Im Hintergrund läuft Klaviermusik. Die Schwestern Sybille und Yvonne Kaufmann führen seit über 20 Jahren das traditionsreiche Musikgeschäft Rena an der Fraumünsterstrasse in der vierten Generation. Sie haben sich auf Klassik und Jazz spezialisiert. «Es ist nicht einfach unsere Arbeit, es ist unser Geschäft, da steckt unser Herzblut drin», sagen die Schwestern.

1909 hat Urgrossvater Josef Kaufmann das Geschäft gegründet. Es war damals bekannt für hochwertige Sprechmaschinen, zudem konnte man hier den ersten Tonträger kaufen. Tochter Maria Kaufmann – von allen Rena genannt – führte es während 50 Jahren, dann ihr Bruder, später Albert Kaufmann mit seiner Frau Edina. Ihre Tochter Yvonne machte eine Lehre in einem Buchverlag, Sybille in der Reisebranche. Die Schwestern sind ein eingeschworenes Team. Als junge Frauen wollten sie die Welt sehen, ins Familienunternehmen einzusteigen, war damals kein Thema. Doch irgendwann war der Zeitpunkt da. «Die Musik ist unser Seelenbalsam, und sie verbindet uns.»

Die Kaufmanns bezeichnen sich als eine fröhliche, harmonische Familie. «Natürlich geht man sich auch mal auf die Nerven, wenn man sich immer sieht. Wer arbeitet denn schon neun Stunden pro Tag mit seinen Eltern zusammen», sagt Sybille Kaufmann. Doch die schönen Zeiten überwiegen, da sind sich alle einig. «Wir haben kein Imperium, wir haben nur einen Laden. Reich geworden sind wir mit unserem Geschäft nicht, aber es macht uns grosse Freude.» Doch die Zeiten werden auch für sie schwieriger. «Das Internet hat einiges kaputt gemacht. Die Leute bestellen heute vieles online, das ist ein Verlust für alle Branchen.» Sie wünschen sich, dass die Kundschaft wieder vermehrt in die Läden kommt, um einzukaufen. «Sonst leben wir bald in toten Städten.»

 

Der Hotelclan

Mitten im Niederdorf befindet sich das 3-Stern-Hotel Alexander. Hoteldirektor Felix Helbling (37) hat gerade ein grösseres Projekt erfolgreich abgeschlossen. «Wir haben sämtliche Hotelzimmer renoviert. Nächstes Jahr werden wir den Frühstücksraum und die Réception umgestalten.» Er führt das Altstadthotel mit seiner gleichaltrigen Frau Denise und seinem Schwiegervater Angelo Pfister. Eine ungewöhnliche Konstellation, denn Felix Helbling hat nicht nur Denise geheiratet, sondern gleich ein ganzes Familienunternehmen. Eigentlich hatte er als Betriebsökonom und Pensionskassenleiter mit dem Hotelfach nichts am Hut. Doch als der damalige Hoteldirektor vor vier Jahren pensioniert wurde und Angelo Pfister einen Nachfolger suchte, dachte er sofort an seinen Schwiegersohn. «Das war ein spezieller Branchenwechsel. Aber Lösungen finden muss man überall, egal, wo man arbeitet», sagt Felix Helbling.

Angelo Pfister vertraut Felix. Dieser hat aber auch nicht das Gefühl, alles besser zu wissen. «Wir diskutieren viel. Es ist wichtig, dass man die Meinung des anderen respektiert. Man muss an einem Strang ziehen.» 1999 hat Angelo Pfister das Altstadthotel seinem Onkel abgekauft. Tochter Denise arbeitet seit 1995 im Unternehmen. Ins Familybusiness einzusteigen, war ihre freie Entscheidung. «Man darf nie den Fehler machen und sein Kind dazu zwingen. Es muss es selber wollen und gerne machen, sonst kann es nicht funktionieren», ist Vater Angelo überzeugt. Denise hat ihre Entscheidung nie bereut. Sie schätzt es, mit ihren Angehörigen zu arbeiten und sogar im selben Haus zu wohnen. «Wir haben zwei Familienbetriebe, einen privaten und einen beruflichen, und das klappt wunderbar.»

Die Lebenspartnerin des Vaters kümmert sich regelmässig um die beiden Töchter des Hotelier-Ehepaars und entlastet sie somit. «Das ist ein Glücksfall, sonst wäre es organisatorisch wohl gar nicht möglich.» Als Gastgeber ist Felix Helbling bestrebt, die Erwartungen seiner Gäste zu übertreffen. Doch auch er weiss: Allen recht machen kann man es nie. Negative Kritiken auf den bekannten Hotelbewertungsportalen im Internet nimmt er ernst und lässt es sich auch nicht nehmen, jede zu kommentieren. Meistens essen Felix und Denise Helbling mit ihren Angestellten zu Mittag – wie eine Grossfamilie. «Unsere Mitarbeiter sollen spüren, dass wir nur gemeinsam erfolgreich sein können.» Angelo Pfister möchte irgendwann zurücktreten und seinen Ruhestand geniessen. Dann wird das Ehepaar Helbling die volle Verantwortung tragen, auch die finanzielle. Sie sind überzeugt, dass sie diese Herausforderung meistern werden.

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