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Reportage

Verströmt nachts einen intensiven süsslichen Duft: Der Stern von Madagaskar. Bild: Zoo Zürich, Karl Sprecher

Der Stern von Madagaskar

Von: Alex Rübel

07. Januar 2020

ZOO INTERN Alle zwei Wochen berichtet das «Tagblatt» über Neues oder Wissenswertes aus dem Tiergarten. Heute geht es um eine madagassische Orchidee.

Um die Weihnachtszeit und Jahreswende geht bei uns im Masoala Regenwald ein Stern auf: der Stern von Madagaskar. Oder genauer: seine wunderschöne Blüte. Der Stern von Madagaskar ist eine von über tausend Orchideenarten, die aus Madagaskar bekannt sind. Gut neunzig Prozent dieser Orchideen sind auf der Insel endemisch, kommen also nur dort vor. Viele der Arten haben selbst innerhalb der Insel nur eine sehr lokale Verbreitung, und ein hoher Prozentsatz gilt heute als gefährdet.

Der Stern von Madagaskar wächst in den Regenwäldern der Ostküste Madagaskars als Epiphyt (Aufsitzerpflanze) auf Bäumen und gelegentlich auch auf Felsen. Die Pflanze mit den riemenartigen Blättern bildet Blüten von schlichter Schönheit: anfänglich grünlich, öffnen sich die Blüten zu einem weissen Stern mit einem Durchmesser von etwa zwölf Zentimetern. Besonders auffällig an der Blüte ist der bis zu vierzig Zentimeter lange Sporn. Auf die Länge dieses Sporns nimmt denn auch der lateinische Name der Orchidee Bezug: Angraecum sesquipedale, wobei sesquipedale «1,5 Fuss» bedeutet. Die Blüte verströmt nachts einen intensiven süsslichen Duft.

Darwins Voraussage

Mit dem Sporn verbindet sich eine spezielle Geschichte: 1802 wurde die Orchidee entdeckt und 1822 wissenschaftlich beschrieben. Um 1850 kamen Exemplare der Pflanze in England in Kultur. Von den ersten Blüten, die sich in der Folge entwickelten, erhielt Charles Darwin einige Exemplare. Dem Naturforscher fiel der lange Sporn auf, der nur im unteren Teil mit süssem Nektar gefüllt und damit unerreichbar ist für alle Insekten, die Darwin bis dahin bekannt waren. Der Forscher untersuchte darauf die Bestäubungsmechanik der Blüten und kam zum Schluss, dass es für die Bestäubung einen grösseren Nachtfalter geben müsse, der mit seinem Rüssel etwa 25 bis 28 Zentimeter tief in die Blüte und den Sporn eindringen könne. Darwin erkannte, dass sich hier eine grosse Abhängigkeit zwischen zwei Organismen entwickelt hatte, in einem evolutiven Prozess zur Sicherung der Bestäubung und konkurrenzlosen Nutzung einer Nektarquelle.

Charles Darwins Überlegungen zur Blüte und ihrer Bestäubung publizierte er 1862. Erst 1903 wurde dann effektiv ein Nachtschwärmer gefunden, der mit seinem mehr als 22 Zentimeter langen Rüssel die Voraussagen Charles Darwins bestätigte. Er erhielt den Namen Xanthopan morganii praedicta, der «Vorausgesagte». Den Bestäubungsvorgang auch fotografisch zu dokumentieren, gelang offenbar erst 1997.

Einmalige Pflanzenwelt

Die Blütezeit des Sterns von Madagaskar ist für diese Saison weitgehend schon vorbei. Doch es gibt im Masoala Regenwald auch so eine einmalige Vielfalt von rund 500 Pflanzenarten zu entdecken, nebst Orchideen z.B. auch Palmen, Farne, Kakteen und viele Baumarten.

Weitere Infos: www.zoo.ch

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