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Reportage

Hans Kunz war nach seiner Pensionierung auch als Tixi-Fahrer unterwegs. Heute nimmt er den Dienst selber in Anspruch. Trudi Gehrig fährt ihn.

"Die Dankbarkeit zu spüren, ist schön"

Von: Ginger Hebel

04. August 2015

Tixi: Das freiwillige Fahrteam führte letztes Jahr knapp 62 000 Fahrten für Menschen mit Behinderung durch. Wir haben Trudi Gehrig bei einem Einsatz begleitet. Von Ginger Hebel

Morgens um acht in der Tixi-Zentrale an der Mühlezelgstrasse. Trudi Gehrig steht in den Startlöchern. Seit über 20 Jahren ist die 68-jährige Zürcherin als freiwillige Fahrerin für Menschen mit Behinderung im Einsatz. Auch ihr Mann, Röbi (70), ist als Fahrer unterwegs. «Heute gibt es eine Schoggi-Tour», sagt Trudi Gehrig. Auf dem Einsatzplan stehen drei Fahrten innerhalb der Stadt. Die erste führt nach Leimbach zu Elisabeth Brunnschweiler. Dreimal die Woche wird die Vierfach-Mutter von Tixi zu Hause ­abgeholt und zur Therapie in eine Tagesklinik gefahren.

Nach einer Hirnblutung musste sie alles neu lernen und benötigt heute Unterstützung im Alltag. «Ich bin sehr froh, dass es den Fahrdienst gibt. Leider kann ich nicht mehr selber fahren», sagt Brunnschweiler. Auf der Fahrt erzählt sie beschwingt von der Zeit als Schwesternhilfe im Spital, wo sie immer für alle Torten backte, weswegen man sie «Turte-Lisi» nannte, was ihr noch heute ein Lächeln ins Gesicht zaubert. Und sie berichtet von einem ihrer schönsten Erlebnisse, einem Helikopterflug in Zermatt, es ist lange her, aber vergessen wird sie es nie mehr.

400 Fahrerinnen und Fahrer stehen für Tixi im Einsatz. Letztes Jahr führten sie knapp 62 000 Fahrten im Kanton Zürich durch. Eine Fahrt in der Stadt kostet 10 Franken. ­Finanziert wird der Dienst durch Spendengelder. Von den über 2000 Fahrgästen nehmen circa 615 Stadtzürcher den Dienst regelmässig in Anspruch. «Wir benötigen etwa 60 bis 80 neue Fahrer und Fahrerinnen jährlich, um die Fahrten im ­aktuellen Rahmen beibehalten zu können», sagt Geschäftsleiter Christian Roth. Das Ehepaar Gehrig arbeitet wie alle Tixi-Fahrer freiwillig und unentgeltlich. «Jede Art von Freiwilligenarbeit ist sinnvoll», sind sie sich einig. Sie mögen den Gedanken, Behinderte zu entlasten und an ihr Ziel zu bringen, von Tür zu Tür. «Sie sagen uns oft: Was würden wir nur machen, wenn wir euch nicht hätten. Diese Dankbarkeit zu spüren, ist schön.»

Trudi Gehrig arbeitete bis zu ihrer Pensionierung 26 Jahre lang am Postschalter im Triemlispital. Hierhin führt auch die nächste Fahrt. Behutsam schiebt sie Karoline Gerber in ihrem Rollstuhl ins Auto, sichert sie und fährt sie nach Hause. Wenn kein Tixi-Taxi verfügbar ist, profitiert Frau Gerber vom Rotkreuz-Fahrdienst, und an Wochenenden kann sie auf ihre Tochter zählen. Auch Hans Kunz bucht Tixi mehrmals wöchentlich. Die Fahrt ist kurz und führt zum Arzt. Früher war er Lokführer bei den SBB, nach seiner Pensionierung arbeitete er selber sieben Jahre als Tixi-Fahrer, eine ­Lebensschule, wie er sagt. Trotz ­körperlichen Einschränkungen ist er zu Spässchen aufgelegt. «Man darf den Humor nie verlieren, sonst ist man schnell am Boden.»

Zurück in der Tixi-Zentrale wartet Röbi Gehrig auf seine Frau. Mit den Velos fahren sie nach Hause.

 

 

 

 

 

 

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