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Reportage

Europäischer Aal im Zoo Zürich. Bild: Zoo Zürich; Enzo Franchini

Ein aalglatter Wanderer

Von: Severin Dressen

16. August 2022

ZOO INTERN Alle zwei Wochen berichtet das «Tagblatt» über Neues oder Wissenswertes aus dem Tiergarten. Heute geht es um Europäische Aale. 

Jedes Jahr verschwinden unzählige Tierarten von der Erde. Wenn von bedrohten Arten die Rede ist, denken viele an exotische Tiere, die gejagt werden oder ihren Lebensraum verlieren. Der Orang-Utan zum Beispiel, der durch die Palmölindustrie heimatlos wird und aufgrund seiner niedrigen Fortpflanzungsrate gemäss der Roten Liste als vom Aussterben bedroht gilt. Oder die Säbelantilope, die durch die Jagd in der Natur ausgestorben ist. Doch es gibt auch in unseren Gefilden bedrohte Arten, die es zu schützen gilt.

Rückkehr ins Meer

Der Europäische Aal ist eine von ihnen. Bei uns im Zoo Zürich wohnt er neben den beliebten Fischottern und manch einer unserer Gäste könnte ihn deswegen bis jetzt übersehen haben. Er sieht ähnlich aus wie eine Schlange, seine Biografie ist spannend und aussergewöhnlich und: Passt perfekt zur aktuellen Ferienzeit. Er ist nämlich ein Wanderfisch.

Wie der Name verrät, lebt die Art unter anderem in Europa. Sie bewohnt hierzulande stille und fliessende Gewässer. Geboren werden die Europäischen Aale aber weit weg. Sie schlüpfen im Atlantik, in der Sargassosee, in der Nähe der Bahamas. Während drei Jahren wandern die Larven danach an die europäische Küste. Sie schwimmen flussaufwärts, bis sie unsere Gewässer erreichen. Hier wachsen sie heran und werden gross.

Mit dem Erreichen der Geschlechtsreife beginnt für die Fische die nächste (und gleichzeitig letzte) Reise – zurück ans Meer, wo sie geschlüpft sind. Bis zu 5000 Kilometer können sie dabei pro Jahr zurücklegen. Am Anfang ihrer Wanderung sind sie dabei sehr aktiv: Sie bewegen sich schlangenförmig aus kleinen Teichen durch Graslandschaften in den nächsten Bach oder Fluss. In grösseren Flüssen wie dem Rhein lassen sie sich dann treiben, um für ihre lange Reise Energie zu sparen.

Im Meer bewegen die Aale sich tagsüber tief unter Wasser bis zu 1000 Meter, während sie in der Nacht direkt an der Oberfläche schwimmen. Während ihrer Reise fressen die Aale nicht mehr, ihr ganzer Verdauungstrakt bildet sich zurück und an seiner Stelle bilden sich die Geschlechtsteile. Paarung ist der letzte Akt Wenn sie zurück in der Sargassosee sind, haben die Europäischen Aale ihr Ziel erreicht. Sie laichen in Tiefen bis zu 2000 Meter unter Meer. Leider ist dies ihr letzter Akt. Ihre Reise und ihr Leben enden mit der Paarung und dem Ablaichen, die Energiereserven sind aufgebraucht, sie sterben. 

Todesfalle Wasserkraftwerke

Seit 1980 ist der Bestand des Europäischen Aals um 98 Prozent eingebrochen. Der grösste Feind der Europäischen Aale sind die Wasserkraftwerke. Auf ihrer Reise folgen die Fische der stärksten Strömung und gelangen dabei in Turbinen. Wildlebende Aale gelangen deshalb nicht mehr aus freien Stücken in die Schweiz. Sie werden im Meer gefan- gen und bei uns wieder ausgewildert. Der Europäische Aal ist auch ein beliebter Speisefisch, was ihn in seinem Bestand zusätzlich gefährdet und als «vom Aussterben bedroht» gelten lässt. Da der Europäische Aal in Europa unter Schutz steht, beschränkt sich der Fang auf illegale Fischhändler. Für den asiatischen Markt werden Jungtiere in Koffern per Flugzeug nach Asien gebracht, dort gemästet und verkauft. So ein Koffer kann einen Wert von bis zu 100 000 Franken haben.

Weitere Infos: www.zoo.ch

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