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Reportage

Nimmts gemütlich: Evi mit dem für Syrische Braunbären typischen hellen Fell. Bild: Natur- und Tierpark Goldau

Ein Herz für syrische Pelzträger

Von: Sacha Beuth

04. Mai 2020

Der Syrische Braunbär ist die kleinste und zugleich bedrohteste Form des Braunbären. Als einziger Zoo der Schweiz pflegt der Natur- und Tierpark Goldau die seltenen Petze. Doch mit der Zucht klappt es noch nicht so wie gewünscht.

Heute muss Takis wieder mal zeigen, wer der Herr in der WG von Syrischen Braunbären und Wölfen im Natur- und Tierpark Goldau ist. Das 12-jährige Bärenmännchen drängt kurzerhand einen Wolf zur Seite und stiehlt diesem ein saftiges Stück Rindfleisch. «Takis ist voll im Saft, erfinderisch und sehr unternehmungslustig», erzählt Tierpark-Veterinär Martin Wehrle. «Er hält uns immer wieder auf Trab. Etwa wenn er die Flügelmuttern der Futterboxen aufdreht oder die Kittfugen bei den Unterwasserscheiben herauskratzt.» Zum Glück nähmen es Evi und Laila, die beiden Bärendamen des Schwyzer Parks, gemütlicher. «Man merkt, dass sie schon älter und gelassener sind», erklärt Wehrle und schmunzelt: «Ist auch gut so. Ein Unruhestifter reicht.»

Das gesetzte Alter der Damen bringt aber nicht nur Vorteile. Mit ihren 28 beziehungsweise 29 Jahren sind Evi und Laila nicht mehr in der Lage, Babys zu bekommen. Und gerade dies wäre für die Erhaltung ihrer Art dringend nötig. Denn Syrische Braunbären sind vom Aussterben bedroht. Intensive Jagd und die Zerstörung beziehungsweise Urbanisierung ihrer Lebensräume – lichte Berg- und Trockenwälder – haben ihren Bestand in freier Wildbahn auf wenige hundert Exemplare zusammenschrumpfen lassen. Im namensgebenden Syrien wurden sie bereits ausgerottet und aus dem Libanon, dem Iran und der Türkei gibt es keine verlässlichen Zahlen. Und auch in den Zoologischen Gärten sieht es düster aus. Dort leben noch etwa 30 Exemplare in 20 Institutionen. «Dabei hätte es nicht so weit kommen brauchen», betont Wehrle. «Doch weil immer mehr Tiergärten auf andere Braunbären-Unterarten umgestiegen sind oder die Bärenhaltung gleich ganz aufgaben und Bärenmännchen kastriert wurden, weil man Angst hatte, dass man den Nachwuchs nirgendwo mehr unterbringen konnte, fiel die Zucht zusammen und der Restbestand ist nun grösstenteils überaltert.»

Langjährige Partnersuche

In Goldau, wo man seit Anfang der 80er Jahre Syrische Braunbären hält und züchtet, will man Gegensteuer geben. «Zwar hatten auch wir zuletzt Probleme, Nachwuchs zu bekommen. Das letzte Mal geschah dies vor zwölf Jahren. Doch vor zwei Jahren gelang es uns endlich, in einem armenischen Zoo ein junges, genetisch passendes Weibchen für Takis zu finden. Allerdings musste erst abgeklärt werden, ob es sich wirklich um ein reinblütiges Exemplar und nicht um einen Mischling oder eine andere Braunbär-Unterart handelt. Dann verzögerten administrative und saisonale Schwierigkeiten – Braunbären sollten nicht im heissen Sommer oder während der Winterruhe transportiert werden – den Import. Und als es endlich so weit gewesen wäre, kam Corona», seufzt Wehrle.

Ans Aufgeben denkt Wehrle trotzdem nicht. Vielmehr zeigt er Herz für den Pelzträger. «Der Syrische Braunbär ist der kleinste Vertreter seiner Familie und wird wegen seiner gelblichweissen Fellfarbe von den Besuchern gerne für einen Mini-Eisbären gehalten. Wir dürfen nicht zulassen, dass so ein einzigartiges Tier für immer von unserem Planeten verschwindet.»

 

Unterstützen Sie die Bären und den Tierpark

Wie alle Zoos in der Schweiz muss auch der Natur- und Tierpark Goldau wegen der Coronakrise seine Tore bis voraussichtlich zum 8. Juni geschlossen halten. Trotzdem laufen die Kosten, insbesondere für Personal und Futter, weiter. Der Tierpark bittet darum um Spenden (www.tierpark.ch/helfen-sie-mit/spenden-fuer-corona-krise/) und freut sich über zahlreiche Zürcher Besucher nach der Wiedereröffnung. Eintrittspreise, Anfahrt und weitere Infos: www.tierpark.ch

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