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Reportage

Die Zürcher Kloake: In den Grosskanälen der städtischen Kanalisation. Bilder: Marc Valance, Michael T. Ganz

Eine Reise in die Seele Zürichs

Von: Jan Strobel

22. September 2015

Das reich bebilderte Buch «Zürich Untergrund. Die Stadt unter der Stadt» zeigt dem Leser das unsichtbare Gesicht Zürichs.

Mit Städten verhält es sich im Grunde nicht anders als mit den Menschen, die sie bewohnen: Ihre wahre Seele verbirgt sich im Untergrund. Rom hat seine Katakomben, New York die Subway – und Zürich? Das eindrücklich bebilderte Buch «Zürich Untergrund. Die Stadt unter der Stadt» steigt jetzt mit dem Leser hinab in diese Welt, in diese zweite Stadt, die dem überwiegenden Teil der Zürcher völlig unbekannt ist, sieht man einmal vom Labyrinth des Shop-Ville ab. Die beiden Autoren Marc Valance und Michael T. Ganz lüften mit ihrem Werk also gewissermassen den Vorhang, der sich vor die Seele legt, und werfen ein Licht nicht nur auf die Gänge, Tunnel, Bunker, Archive oder Küchen unter der Stadt, sondern auch auf die Zürcherinnen und Zürcher, die sich tagtäglich darin bewegen und arbeiten.

Valance und Ganz nehmen uns zum Beispiel mit in den Bauch des Hauptbahnhofs, hinein in die Lagerräume, in die jeden Tag tonnenweise Ware für die Geschäfte angeliefert wird. In den sechs Produktionsbetrieben unter der Haupthalle verarbeiten Köche, Metzger, Bäcker oder Confiseure all die Lebensmittel zu den kleinen und grossen Leckerbissen, welche die Reisenden meist ziemlich achtlos und in Eile konsumieren.

Der Zürcher Untergrund erzählt auch Geschichten der Angst, wie diejenige um die geheimste Adresse Zürichs: Hirschengraben 54.   Unter einer Blumenwiese befindet sich hier seit 1989 ein zehnstöckiger militärischer Bunker mit Speise- und Schlafsälen oder alten Computerterminals. In Krisenlagen hätte von hier aus das Eisenbahnregiment III den gesamten Schienenverkehr auf der Nord-Süd-Achse gesteuert. Erst 2009 wurde das geheime Stellwerk zurückgebaut.

Bunkerähnlich erscheint auch die Welt unter dem UBS-Hauptsitz an der Bahnhofstrasse. Über fünf Stockwerke erstrecken sich hier Tresorräume aus unterschiedlichen Epochen. Diese Räume versprühen den Nimbus des Diskreten, der Verschwiegenheit, des Geheimnisvollen. Führt man Touristen auf den Paradeplatz, ist diese Tresoranlage unter ihren Füssen natürlich immer ein Thema. Sie ist gewissermassen ein unsichtbares Wahrzeichen der Bankenstadt Zürich, übertroffen nur noch durch den Goldraum der ZKB, zwölf Meter unter deren Hauptsitz. Die Kantonalbank besitzt den zweitgrössten Bankgoldschatz Europas. Nur die Bank J. P. Morgan in London verfügt über noch grössere Vorräte.

Die beiden Autoren ziehen gleich zu Beginn dieses erstaunlichen Buches ein klares Fazit: «Ohne die untere Stadt könnte die obere Stadt, durch die wir uns täglich bewegen, nicht existieren.»

Magazin des Zoologischen Museums: Hier werden rund 9000 Tierpräparate gelagert.

Eingang zum Zürcher Zivilschutzmuseum im historischen Wipkinger Rundbunker.

Eingang zum Zürcher Zivilschutzmuseum im historischen Wipkinger Rundbunker.


Marc Valance, Michael T. Ganz: «Zürich Untergrund. Die Stadt unter der Stadt». 232 Seiten, 270 farbige Abbildungen. Hier-und-Jetzt-Verlag. 49 Franken.

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