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Reportage

Grande Dame des Zoos und begehrtes Forschungsobjekt: Aldabra-Riesenschildkröte Hermania. Bild: Zoo Zürich; Leyla Davis

Eine Seniorin startet durch

Von: Sacha Beuth

25. Oktober 2022

ZOO INTERN Alle zwei Wochen berichtet das «Tagblatt» über Neues oder Wissenswertes aus dem Tiergarten. Heute geht es um eine alte Zoobewohnerin, die Aldabra-Riesenschildkröte Hermania.

Bisher führte sie ein eher unauffälliges und ruhiges Leben im MasoalaRegenwald. Oftmals liegt sie kopfüber in ihrem geliebten Schlammbad und lässt, so macht es den Anschein, die Seele baumeln. Bekannt ist sie vor allem den Besucher*innen des Zoo Zürich. Nun aber könnte die über 70-Jährige zum Star werden – oder zumindest Weltruhm erlangen: unsere Aldabra-Riesenschildkröte Hermania.

Aderlass für Forschung

Bereits seit 1955 lebt Hermania bei uns im Zoo Zürich. Kürzlich wurde sie nun Teil eines wichtigen Forschungsprojekts der Universität Zürich und des Zoo Zürich. Aufgrund von fehlenden Daten gab es bisher keine Möglichkeit, Aldabra-Riesenschildkröten genetisch voneinander zu unterscheiden. Unsere Hermania hat nun das Referenzgenom für solche Vergleiche geliefert. Man weiss also, wie das Erbgut von ihr und ihren Artgenossinnen aussieht.

Im Rahmen von Routine-Gesundheitschecks entnahmen unsere Tierärzt*innen der «alten Dame» regelmässig Blut. Dieses wurde untersucht und half bei der Entschlüsselung des Genoms, also von Hermanias Erbgut. Die genetischen Informationen Hermanias wurden dann mit jenen von dreissig Individuen der Inseln des Aldabra-Atolls abgeglichen. Aufgrund der Unterschiede konnten die Forscher*innen Einteilungen vornehmen und auch Hermania ihrer ursprünglichen Population zuordnen.

Über die Hälfte der Schildkrötenarten weltweit gilt heute als bedroht. Hermania gehört zu den bedrohten Aldabra-Riesenschildkröten. Die einzigen Schildkröten dieser Art in der Wildnis befinden sich auf dem Aldabra-Atoll, nördlich von Madagaskar. Sie können bis zu 250 Kilogramm schwer werden und ein Alter von über 190 Jahren erreichen.

Heute ist die Aldabra-Riesenschildkröte durch gezielte Auswilderungen auch auf anderen Inseln zu Hause und übernimmt dort eine wichtige Funktion im Ökosystem. Früher hatten andere, auf den entsprechenden Inseln ursprünglich heimische Riesenschildkrötenarten diese Rolle eingenommen. Sie sind heute aber ausgestorben. Die Aldabra-Riesenschildkröten füllen nun diese Lücke.

Um auf den Inseln eine langfristig gesunde Riesenschildkröten-Population aufzubauen, ist es wichtig, genetisch unterschiedliche Tiere auszuwildern. Die Forschung, an der sich der Zoo mit Hermania beteiligt hat, trägt somit einen Teil zum Überleben der Art bei.

Unsere Hermania hilft mit ihren Daten ausserdem dabei, dass wir generell unser Wissen über die Aldabra-Riesenschildkröten erweitern können. Eine nächste Aufgabe der Forschung wird es sein, aufgrund des genetischen Materials das genaue Alter der Tiere bestimmen zu können. Bei langlebigen Tieren ist dieses nämlich oft unbekannt.

Naturschutz, Bildung, Artenschutz, Forschung

Neben dem Naturschutz und der Bildung gehören Artenschutz und Forschung zu den vier Hauptpfeilern eines modernen Zoos. Das Beispiel Hermanias zeigt, dass diese vier Bereiche einander im besten Fall ergänzen und Hand in Hand laufen. So ermöglicht Forschung Wissen, Artenschutz und Erhaltung der Biodiversität.

Weitere Infos: www.zoo.ch/forschung

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