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Reportage

Das Highlight: Luka (12) bestaunt im Fifa-Museum den WM-Pokal aus fünf Kilogramm massivem Gold. Bild: CLA

"Hier fühle ich mich wie Messi!"

Von: Clarissa Rohrbach

10. Mai 2016

Seit knapp drei Monaten wird im Fifa-Museum am Tessinerplatz Fussball gefeiert. Unter den Besuchern sind vor allem Kinder. Und die haut es fast um.

«Boahh! Super mega cool!» Dean (9) kann kaum stillstehen. Endlich ist er im Fifa-Museum, dem neuesten Tempel des Fussballs, 3000 Quadratmeter Freude. Er rennt zu den 209 Trikots – eins für jedes Fifa-Mitglied –, die in einem Bogen die Eingangshalle zieren. «Hier! Ich habe die Schweiz gefunden!» Seine Mutter Carmen hat ihm den Museumsbesuch zum Geburtstag geschenkt. Sie schaut auf die wandhohen Projektionen, die den Besucher umgeben. Buben tschutten auf einer staubigen afrikanischen Strasse. «Schön, dass auch arme Leute gezeigt werden», meint sie. Die Botschaft der      30 Millionen teuren Ausstellung kommt sofort an: Fussball begeistert alle, egal wen, egal wo.  

Weiter gehts eine steile Treppe hinunter. Die Stimmen singender Fans umhüllen Marco (11), der extra aus Italien angereist ist. «Ich fühle mich wie Messi, wenn er aufs Spielfeld marschiert!» Er lauscht den Fussballbegriffen, die in 27 Sprachen ertönen, und freut sich, ein «Fuorigioco» (Abseits auf Italienisch) zu erkennen. Das Museum ist eben international, 20 Prozent der Gäste kommen aus dem Ausland.

Dann wirds episch. In einem fast schon sakralen Raum stehen vergilbte Papiere, darauf die ersten internationalen Fussballregeln aus dem 19. Jahrhundert. Luka (12) liest die Legende, die erklärt, die Normierung des Spiels sei die oberste Aufgabe der Fifa. «Es ist alles so modern gestaltet, und ich sehe Sachen, von denen ich gar nicht wusste, dass sie existieren.» Schliesslich kommt das Herzstück – Lukas Augen leuchten: der WM-Pokal, fünf Kilogramm massives Gold, das nur von den Siegern angefasst werden darf.

In der Weltcup-Galerie bestaunen Bernhard (52) und Sohn Fabian (11) Goalie-Handschuhe, Trillerpfeifen und Maskottchen, die Geschichte schrieben. Besonders beeindruckt sind sie von der ersten WM, als die Mannschaften 1930 per Schiff nach Uruguay reisten, und dabei so viele Bälle im Wasser landeten, dass kaum noch welche übrig blieben. Danach versuchen die beiden an einer der 15 interaktiven Stationen zu entscheiden, was ein Foul ist und was nicht. «Man flucht so schnell über den Schiri, aber jetzt merke ich, wie schwierig sein Job eigentlich ist», meint Bernhard.

Hüfte raus, Knie hoch: Der vierjährige Nils kopiert vor einem Bildschirm den Tanz der Ghanaer und wartet dann in der Curva Nord mit seinem Vater René (35) auf den Film. Die Stühle stammen von WM-Stadien aus der ganzen Welt. Der Kleine testet zuerst die aus Deutschland, dann die aus Brasilien und entscheidet sich: «Der aus dem Maracanã ist der gemütlichste!» Es geht los. Im kleinen Kino sind auf einer 180-Grad-Leinwand acht Minuten Originalaufnahmen zu einem Spiel zusammengeschnitten. Die Queen nimmt auf der Ehrentribüne Platz, Maradona betet, Zidane trifft, Zuschauer weinen vor Freude. «Ich erinnere mich an die Bilder, sie wecken Gefühle», sagt René. So viele Jahre Fussball seien schwer zusammenzufassen, da sei es eine gute Idee, die emotionalsten ­Momente herauszupicken.

Ein Lift führt ins obere Stockwerk. Kinder sitzen in Stühlen mit integrierten Lautsprechern, aus denen Jennifer Lopez das 2014-WM-Lied «We Are One, Ole Ola» singt. Ein grüner Rasen führt durch Fussballgeschichten. Zum Beispiel die eines Mannes, dessen Kleider, Haus, Auto und Hund seit 1994 nur noch grün-gelb sind, weil damals Brasilien gewann. Im Zentrum des Raumes thront eine Planetenkonstellation aus handgemachten Bällen. Sie bestehen aus Bananenblättern und Schnur. «Mami, wie viele Bälle habe ich zu Hause? Vier?» Gio (10) merkt plötzlich, wie privilegiert er ist. Seine Mutter Franziska (37) meint: «Eindrücklich, was die Menschen alles basteln, um Fussball spielen zu können.» Sie fand den Eintritt von 24 Franken anfangs zu teuer, doch nun stimmt es für sie. «Ich könnte den ganzen Nachmittag hier verbringen.» Gio ist bereits in der Spielecke und dribbelt. Sein fachmännisches Fazit: «Das Museum bekommt eine 5.»

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