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Reportage

Sehne bis an den Mundwinkel ziehen, Pfeilende auf Augenhöhe, zielen und dann loslassen: Der Autor bei seinen Schussübungen im Bogensportzentrum Zürich (l.). Bild: Esop

In Robin Hoods Fussstapfen

Von: Sacha Beuth

24. Oktober 2017

Begleitet von nostalgischen Gefühlen versuchte sich «Tagblatt»-Redaktor Sacha Beuth im Bogensportzentrum Zürich als Schütze. Es dauerte ein Weilchen, bis er den Bogen raushatte.

Mit Pfeil und Bogen zu schiessen, hatte mich schon von klein auf fasziniert. Insbesondere bewunderte ich die diesbezüglichen Fähigkeiten von Errol Flynn im Film «Robin Hood – König der Vagabunden», dem ich damals nacheiferte. Als Teenager liess die Leidenschaft dann nach, und es sollten Jahrzehnte vergehen, bis sie wieder geweckt wurde. Und zwar vor einer Woche in dem im Jahr 2006 gegründeten Bogensportzentrum Zürich.

Die Räumlichkeit an der Sieber-strasse 14, nahe der Bahnstation Friesenberg gelegen, ist der Trainingsort für insgesamt rund 250 Aktive des Vereins Bogensportzentrum Zürich. Kurt Nünlist, Gründer und Leiter des Zentrums, weist mich erst auf ein paar Sicherheitsbestimmungen hin. Die wichtigste lautet: «Bevor nicht alle ihre Pfeile abgeschossen und ihre Bögen abgelegt haben, tritt niemand zur Scheibe.» Geschossen wird aus etwa 6 Meter ­Entfernung, das gelbe Zentrum auf der Scheibe hat Bierdeckelgrösse.

Der 67-Jährige zeigt vor und erklärt: «Man stellt sich nicht frontal, sondern im rechten Winkel zum Ziel. So kann man die Sehne am weitesten ausziehen und erreicht die maximale Schusskraft. Nun greift man ab, das heisst, man fährt an der Sehne drei Finger breit unter die Einführstelle des Pfeils. An diese Stelle legt man Zeige-, Mittel- und Ringfinger und zieht die Sehne auf. Der Führungsarm darf nicht durchgebogen sein, die Sehne wird bis zum entfernteren Mundwinkel gezogen, wobei sich das Pfeilende auf Augenhöhe befinden sollte. Dann in die Mitte der Scheibe zielen und loslassen.» Der Pfeil des zweifachen Welt- und 46-fachen Schweizer Meisters saust an den Rand des gelben Innenkreises. Nun bin ich dran. Den ersten Schuss setze ich – nur Millimeter vom gelben Innenkreis entfernt – in den roten Mittelkreis. Der zweite landet bereits im gelben, und mit dem dritten schaffe ich eine glatte Zehn – und bin nicht wenig stolz. An mir ist eben doch ein Robin Hood verloren gegangen. Nünlist ist beeindruckt. «Das geht aber noch besser. Jetzt üben wir mal die richtige Atemtechnik. Das heisst drei tiefe, rhythmische Atemzüge bis zur Schussabgabe mit kontrolliertem Ausatmen.»

Übung macht den Meister

Ich tue, wie mir geheissen, mit dem Resultat, dass zwei Pfeile gerade noch auf der Scheibe landen und der dritte wenigstens den blauen Aussenbereich trifft. Das war wohl nix. Ich übe weiter und komme, wenn auch langsam, dem Zentrum wieder näher, während nebenan Nünlist und zwölf Club-Bogenschützen ihr Training absolvieren und nach kurzem Einzielen einen Schuss nach dem anderen in die Scheibenmitte versenken. «Es ist eben noch kein Meister vom Himmel gefallen», meint Nünlist schmunzelnd, als er meinen Frust bemerkt. Der hält aber nur kurz an. Dafür stellt sich, je länger ich trainiere, eine innere Ruhe ein. Darauf angesprochen meint Nünlist: «Bogenschiessen ist ideal für die Entspannung. Darum kommen auch viele nach der Arbeit hierher, um runterzufahren. Und es ist ein Sport für alle sozialen Schichten und ­sowohl für Jugendliche wie Pensionierte.»

Auch mich hat er gepackt. Insgeheim hoffe ich, dass mit ordentlich Training doch noch ein Robin Hood aus mir wird. Beim Abschied erzähle ich Nünlist davon. «Dann benötigst du aber künftig einen anderen Bogen. Zu Zeiten Robin Hoods im Mittelalter hat man mit Bögen mit einer Zugkraft von 140 Pfund geschossen. Deiner hatte gerade mal 18 Pfund.»

Anmeldung für einen Lehrgang, Indi­vidualtrainings sowie weitere Infos unter: www.bogensportzentrum.ch

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