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Reportage

Unfall auf der Gessnerbrücke im Januar 1929: Eine Passantin wurde in die Sihl geschleudert und schwer verletzt. Bilder: Stadtarchiv Zürich

Jedes zweite Auto baute einen Unfall

Von: Jan Strobel

29. März 2016

Verkehr: Das Stadtarchiv hat spektakuläre Zürcher Unfallbilder aus vier ­Jahrzehnten online öffentlich zugänglich gemacht.

Für die 36-jährige Passantin auf der Gessnerbrücke gab es an diesem Montagnachmittag, dem 14. Januar 1929, kein Entkommen mehr. Sie sah noch, wie dieser Wagen, Marke Buick, auf den glatten Tramgleisen ins Schleudern geriet, in ihre Richtung. Dann folgte der Fall. Die Frau lag schwer verletzt, aber bei Bewusstsein, in der eiskalten Sihl. Über ihr ragte das Auto über den Rand der Brücke, verkeilt in das Geländer.

Es war wohl einer der spektakulärsten Verkehrsunfälle, die Zürich in diesem Jahr erlebte. Festgehalten wurde die Szenerie auch von den Kameras des Erkennungsdienstes der Stadtpolizei. Über die Jahrzehnte entstand so eine einmalige Bildersammlung, ein Dokument der städtischen Mobilitätsgeschichte. Es sind Fotos des Schreckens, der Dramen, des technischen und menschlichen Versagens, aber auch des Glücks, noch einmal davongekommen zu sein. Manchmal erinnern sie an Slapsticks aus einem Chaplin-Film. Das Stadtarchiv hat nun eine Auswahl dieser Aufnahmen zwischen 1920 und 1960 online öffentlich zugänglich gemacht.

Verkehrsunfälle werden in der Stadt seit 1905 systematisch erfasst, vollständige Daten liegen allerdings erst ab 1926 vor. In jenem Jahr kam es auf Stadtgebiet, das damals noch 215 000 Einwohner zählte, zu rund 2000 Verkehrsunfällen. Jedes zweite zugelassene Auto war damals in einen Unfall verwickelt, heute ist es etwa jedes Dreissigste. Für 2015 weist die Statistik insgesamt 4529 Verkehrsunfälle aus. Allerdings ist diese Zahl nicht mit früheren Jahren vergleichbar, weil die Stadtpolizei neu auch Bagatellunfälle mit geringem Schaden und ohne Verletzte rapportiert.
Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung und damit der wachsenden Mobilität, stieg die Zahl der Unfälle bis in die frühen 70er-Jahre kontinuierlich an. Besonders unsicher waren die Zürcher Strassen 1970: 10 725 Verkehrsunfälle mit 60 Toten stellten einen traurigen Rekord dar. Danach sanken die Unfallzahlen kontinuierlich trotz steigender Fahrzeugzahlen. Für die Verkehrssicherheit in der Stadt von besonderer Bedeutung war schliesslich auch die definitive Einführung von Tempo 50 generell im Jahr 1984 oder die Herabsetzung der Alkoholgrenzwerte von 0,8 Promille 1980 auf heute 0,5 Promille.

Tödlicher Unfall an der Albisriederstrasse, 1940.


Tramunfall an der Gloriastrasse im September 1930: Zwei Frauen starben.

Unfall an der Tramschlaufe Seebach, 1943.

Kollision an der Selnaustrasse, 1921.

Autounfall beim Juchhof, 1946.

Verkehrsunfall an der Seefeldstrasse, 1925.


Sämtliche Bilder sind online abrufbar unter: www.stadt-zuerich.ch/stadtarchiv

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