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Reportage

Spass auf Rädern: Auf dem Skateboard ist Balance, Konzentration und Style gefragt. Bild: Fotowerkstatt Fiesch

Lagerleben zwischen Geld, Sport und Moral

Von: Valentin Lindner, Sofie David, Marina Stauffer, Ella Toepfer u. Stella Brupacher

25. Oktober 2016

FIESCH 2016 Vom 9. bis 15. Oktober waren 700 Stadtzürcher Jugendliche und 250 Leitende im 32. Sport- und Ferienlager in Fiesch dabei. Dabei wurden nicht nur körperliche, sondern auch geistige Anstrengungen unternommen.

Nicht ohne Grund reisen seit 1985 jedes Jahr Hunderte Jugend­liche ins Oberwalliser Feriendorf Fiesch, um einmal vom strengen Alltag in Zürich wegzukommen. Es werden unzählige Kurse angeboten – vom Schwimmen übers Graffiti-Sprayen bis hin zum Zeitungskurs. In Letzterem lernten die Teilnehmer das journalistische Handwerk, indem sie als Autoren und Fotoreporter der Lager­­zeitung «Fiescher Tagblatt» fungierten. Dabei standen Themen im Vordergrund, welche die Jugendlichen im Alltag beschäftigen – vom Taschengeld bis hin zur Frage nach moralischen Werten. Drei Beiträge und die besten Bilder werden auf dieser Doppelseite vorgestellt.

Während den Eltern vor allem wichtig ist, dass sich ihre Kinder aktiv an diesen Kursen beteiligen und ihr Blickfeld erweitern, geht es den Teilnehmern vor allem darum, neue Leute kennen zu lernen und selber Veranstaltungen zu leiten. Auch dieses Jahr organisierte der Party-Factory-Kurs zum Beispiel wieder einen vielseitigen Spieleabend, und die DJs legten in der Disco ihre besten Tracks auf. Die Stimmung war super, sodass das miese Wetter kaum noch eine Rolle spielte.

Auf welcher Seite stehst du?

Moralische Werte hat jede(r) von uns. Können wir Jugendlichen aber auch Stellung dazu beziehen? Wir haben dazu im Sport- und Ferienlager über 50 Personen beiderlei Geschlechts befragt.

Zu Hause im Schulalltag fehlt oft die Zeit, um über moralische Wertvorstellungen zu reden. Deshalb haben wir im Fiesch-Lager die Chance ergriffen, mit Jugendlichen über ihre Einstellung zu sprechen und zu hören, mit welchen Argumenten sie ihre Meinung rechtfertigen.

Als wir sie auf das Tragen von Kleidern, die in armen Ländern hergestellt wurden, ansprachen, war die Überlegung immer dieselbe. Alle sind gegen Billig- und Kinderarbeit, kaufen aber trotzdem Billigmarkenkleider. «Ich will schliesslich nicht jedes Mal 50 Franken für einen Pulli ausgeben», sagte ein Jugendlicher.

Eine weitere Frage war, ob es okay sei, weite Strecken mit dem Auto zu fahren. Es schockiert uns, dass die knappe Mehrheit die bequeme Variante des Autofahrens einer umweltbewussteren Option wie dem Zug vorzieht.

Das Handy ist ein wichtiger Bestandteil unseres Lebens und so auch dessen Aufladung, die 94 Prozent der Befragten während der Nacht durchführen – mit der Begründung, dass man das Handy den Tag hindurch brauche. Nur ganz wenige Stimmen wiesen auf die Stromverschwendung hin.

Organe ja, Abtreibung nein

Fast alle Befragten würden ihre Organe spenden. «Wenn ich daran denke, dass nach meinem Tod jemand weiteres sterben könnte, weil ich keine Organspenderin bin, habe ich Schuldgefühle», sagte uns eine Teilnehmerin. Eine Leiterin sah es anders: «Ich komme nicht klar mit der Vorstellung, dass eines meiner Organe vielleicht in einem Mörder, Pädophilen oder sonst einem Psycho weiterlebt.»

Obwohl es im Trend ist, sich vegetarisch oder sogar vegan zu ernähren, gaben 80 Prozent an, regelmässig Fleisch zu essen, und finden dies vertretbar. Das finden wir auch, allerdings nur in geregelten Massen.

Ein erstaunliches Resultat ergab das Thema Abtreibung. Ganze 54 Prozent sind immer noch dagegen. Ein Mädchen sagte uns: «Ich bin eigentlich gegen Abtreibungen, aber in speziellen Fällen wie etwa einer Vergewaltigung bin ich dafür.» Unserer Meinung nach sollte sich jede Frau entscheiden können, ob sie ein Baby austragen möchte oder nicht.

In Fiesch waren wir ausserdem mit einer Frage konfrontiert, die sich zu Hause nicht stellt: Wie rücksichtsvoll soll man sich verhalten, wenn Leute im Zimmer schlafen und andere noch reden wollen? Knapp 60 Prozent würden Rücksicht nehmen, dem Rest wäre es egal. Sie sagen: «Das hier ist ein Lager, das gehört nun mal dazu!»

Es freut uns, dass unsere Umfrage Diskussionen ausgelöst hat. Wir finden, dass man nicht nur in Fiesch über diese wichtigen Themen nachdenken soll. Tun Sie es auch!

 

Umfrage: Wie finanzierst du dein Leben?

Lili Siriwetchaphan (13) Jugendlohn seit der ersten Sekundarstufe, momentan 150 Franken pro Monat:

 «Ich bezahle alles selber, ausser das Essen. Mit dem Jugendlohn lerne ich, besser mit Geld umzugehen als mit Taschengeld. Wenn ich mir etwas Grösseres kaufen will, muss ich darauf sparen und kann nicht einfach die Eltern fragen. Deshalb hatte ich auch schon Streit mit ihnen. Zusätzliches Geld verdiene ich mit Nebenjobs wie Baby- und Hundesitten.»

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Alya Wägli (12) Taschengeld seit der ersten Sekundarstufe, momentan 20 Franken pro Woche:

«Ich fände einen Jugendlohn besser, weil mein persönliches Taschengeld nicht ausreicht und man so besser lernt, wie man mit Geld umgeht. Zusätzlich arbeite ich manchmal bei meinem Grossvater im Haus, füttere seine Katze und pflege seinen Garten, um etwas dazuzuverdienen.»

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Samuel Gartmann (12, links) momentan 30 Franken Taschengeld und 300 Franken Jugendlohn pro Monat, und Ryan Head (13), zurzeit 30 Franken pro Monat:

«Wir sind beide zufrieden mit dem Betrag, den wir bekommen, und haben uns beide mit unserem gesparten Geld je ein neues Smartphone gekauft.»

 

 

 

 

Asa Marangoni (11) Taschengeld seit der ersten Klasse, momentan 6 Franken pro Woche:

«Ich finde das Taschengeld gut, weil man alles sofort ausgeben und sich zum Beispiel etwas Süsses kaufen kann. 24 Franken pro Monat sind gut für mein Alter. Meine Schwester, die 8 Jahre alt ist, bekommt 16 Franken.»

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Impressionen aus dem Lagerleben:

 

 

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