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Reportage

Die Mandarinente ist nach den Zivilbeamten das alten chinesischen Kaiserreichs benannt, die bunte Gewänder trugen. Bild: Zoo Zürich

Politisch inkorrekte Tiernamen

Von: Sacha Beuth

11. Mai 2021

Rassistische und postkoloniale Altlasten finden sich nicht nur auf den Inschriften von Gebäuden, sondern auch in der Wissenschaft wie etwa der Zoologie. Unzählige Tierarten – vom Adolf-Hitler-Laufkäfer bis zum Zigeunerhuhn – tragen entweder in ihrem deutschen oder wissenschaftlichen Namen politisch inkorrekte Begriffe. Einige davon leben auch im Zoo Zürich.

Ein roter Schnabel und ein glänzendes Gefieder, das weisse, grüne, braune, orange, violette und schwarze Partien aufweist. Keine Frage, der Erpel der Art Aix galericulata ist eine farbenprächtige Schönheit. Weniger schön ist dagegen der deutsche Trivialname des Wasservogels: Mandarinente. Die Bezeichnung ist kolonialistischen Ursprungs und könnte zudem auch als rassistisch angesehen werden, denn Mandarine wurden von den Europäern in zumeist abschätzigem Ton die Zivilbeamten des chinesischen Kaiserreichs betitelt, die oft eine bunte Bekleidung trugen. Gleiches gilt für den ebenfalls im Zoo Zürich vertretenen Mandarinleierfisch aus dem tropischen Indopazifik.

Die beiden sind nicht die einzigen Tiergarten-Bewohner mit heikler Namensgebung. Magellan-Dampfschiffente, Bernierente und die am 28. April im «Tagblatt» in der Rubrik «Zoo intern» vorgestellte Hottentottenente weisen ebenfalls politisch unkorrekte Bezeichnungen auf. Erstere ist benannt nach dem portugiesischen Weltumsegler und Eroberer, zweite nach einem französischen Schiffsarzt und kolonialen Naturforscher und dritte nach einem erniedrigenden Sammelbegriff in Afrikaans, der die Khoisan-Völker Südafrikas umfasst.

Aus heutiger Sicht ebenfalls nicht als gelungen zu taxieren sind geografische Begriffe wie Burma-Leierhirsch (Burma ist eine Bezeichnung aus der britischen Kolonialzeit, das Land heisst heute Myanmar) und Neukaledonischer Riesengecko. Dessen Heimat erhielt ihren Namen von den englischen beziehungsweise französischen Eroberern. Fairerweise ist an dieser Stelle zu vermerken, dass Anhänger der Unabhängigkeitsbewegung ihre Inselgruppe «Kanaky» nennen, womit bei einer Umbenennung des Tieres schwerlich eine Verbesserung eintreten dürfte.

Fehlt von den Bewohnern des Zoo Zürich noch der Grandidiers-Madagaskar-Buntbarsch. Von dessen Namensgeber, dem französischen Naturforscher Alfred Grandidier, ist zwar nicht allgemein bekannt, dass er sich während seiner Reisen durch die afrikanische Insel irgendwelcher rassistischer oder kolonialer Übergriffe schuldig machte. Doch beschleunigten seine Reiseerzählungen das Interesse Frankreichs, Madagaskar zu seinem Einflussgebiet zu erklären und dort gegen den Willen der indigenen Bevölkerung ein Protektorat zu errichten.

Änderung würde verwirren

Der Zoo Zürich ist sich laut Kommunikationsleiter Dominik Ryser zwar bewusst, dass es in deutschen Trivialnamen für Tiere Begriffe gibt, die aus ethischen Gründen aus dem heutigen allgemeinen Sprachgebrauch verbannt, in Tiernamen aber bisher bestehen geblieben sind. «Da es aber wichtig ist, dass diese Bezeichnungen trotz ihrer historisch bedingten Namensgebungen in der Vergangenheit, in der Gegenwart sowie in der Zukunft eine Beständigkeit haben, würde der Zoo Zürich davon absehen, als Einzelinstitution eigenmächtige Namensanpassungen vorzunehmen. Wir würden bei unseren Besucherinnen und Besuchern Verwirrung stiften und den Einstieg in die zoologische Literatur zukünftig erschweren, was unserem Bildungsauftrag nicht gerecht würde. Bei Beschriftungen aus dem eigenen Haus – beispielsweise in unseren Ausstellungen – sind wir selbstverständlich darauf bedacht, dass wir Begriffe mit kolonialistischem oder rassistischem Hintergrund nicht verwenden.» Abgesehen davon sei beim Zoo Zürich als wissenschaftlich geführte Institution in erster Linie der wissenschaftliche (= lateinische beziehungsweise altgriechische, die Red.) Name von Bedeutung.

Hier ist allerdings anzumerken, dass auch die wissenschaftlichen Bezeichnungen rassistisch-kolonialistische Zusätze enthalten können. Ptilopsis granti (für die Südbüscheleule) oder Ploceus spekei (für den Somaliwebervogel), benannt nach zwei nicht über alle Zweifel erhabene Afrikaforscher, sind vielleicht hinsichtlich der Rassismus / Kolonialismus-Problematik noch strittig. Aber bei der im Deutschen offiziell noch namenlosen Laufkäferart Anophthalmus hitleri ist der Fall klar. Der österreichische Käfersammler Oskar Scheibel entdeckte die Art in den Höhlen Sloweniens und widmete sie dem Naziführer. Weil laut den international geltenden Regeln der zoologischen Nomenklatur (International Code of Zoological Nomenclature ICZN) eine Priorität bei der Erstbenennung gilt, konnte die Bezeichnung hernach nicht geändert werden.

Keine «Mohren» im Zoo

Glücklicherweise werden keine der drei Arten im Zoo Zürich gezeigt. Auch über den Mohrenkopfpapagei, die Mohrenralle und den Mohrenmakak müssen sich Direktor Severin Dressen und sein Team keine Gedanken machen. Indianerbüffel und Zigeunerhuhn fehlen ebenso. Und die Aufnahme von Kaffernbüffel, Kafferntrappe oder Kaffernadler in den Bestand ist zumindest vorderhand nicht geplant. Ein glückliches Händchen hatten die Zooverantwortlichen übrigens bei der Beschaffung der Grevyzebras. Zwar wurde der nordostafrikanische Einhufer in der Kolonialzeit nach dem ehemaligen französischen Staatspräsidenten Jules Grévy beannt. Doch dieser war nicht nur ein Gegner des Deutsch-Französischen Krieges von 1870/71, sondern auch streng antikolonialistisch eingestellt.

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