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Reportage

Heidrun Suter: Die Pfarrerin betreut die reformierte Gemeinde der Kreuzkirche in Hottingen. Bild: TS

Sich besinnen auf Gemeinsamkeit

Von: Tanja Selmer

07. Mai 2014

RELIGION Mindestens jede und jeder achte aller reformierten Pfarrerinnen und Pfarrer im Kanton Zürich kommt aus Deutschland. Sie machen hier gute Erfahrungen. Zwei Beispiele.

«Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.» Der Vers aus Hebräer 13, 14 ist wie ein Leitspruch für Heidrun Suter, Pfarrerin in der reformierten Gemeinde der Kreuzkirche in Zürich-Hottingen. Ein Kirchenpräsident aus der Innerschweiz setzte sich mit diesen Worten für sie ein, nachdem die damalige Theologiestudentin und spätere Vikarin vor über 30 Jahren der Liebe wegen in die Schweiz gekommen war. Er meinte damit nicht nur sie, als Deutsche in der Schweiz, sondern wir alle seien Fremdlinge auf dieser Welt und sind nicht bloss in der Nationalität heimatverbunden. «Diese Worte waren sehr tröstend und ermutigend», sagt Suter, «denn wir alle haben etwas Gemeinsames, wir sind alles Suchende.»

Das Studium und die spätere Arbeit in der Schweiz hat Suter von Anfang an geschätzt. Damals sei das kirchliche Milieu in Deutschland noch konservativer gewesen als hier. Die theologische Denkweise in der Schweiz empfand sie hingegen als liberal und offen.

«Eine Brücke bauen»

Dennoch war und ist ihre Herkunft zuweilen ein Thema, und Suter macht es auch zum Thema: «Ich komme aus Hannover und werde durch mein Hochdeutsch gleich identifiziert. Das löst andere Emotionen aus als Mundart.» Auch wenn die Sprache im Gottesdienst in der Schweiz traditionell Schriftdeutsch sei, so werde doch im Kontakt, in persönlichen Gesprächen eine Differenz deutlich. Damit müsse sie umgehen, und sie sieht es als spannende Herausforderung, eine mit der sie auch in langjähriger Seelsorge gute Erfahrung gemacht hat. «Diese Differenz will und kann ich nicht verleugnen, sondern ansprechen. Damit kann ich auch eine Brücke bauen, da wir letztlich alle verschieden sind.» Wenn wir das zuliessen, könnten Menschen sich dennoch verstehen und annähern. Suter sieht diese Verschiedenheit als Chance und Bereicherung – besonders für die Kirche in der Stadt.

Verschiedenheit und Dazugehörigkeit sind auch Themen in Jens Naskes Leben. Nach zunächst sechs Jahren in der lutherischen Gemeinde in Zürich ist er seit sieben Jahren Pfarrer in der reformierten Kirchgemeinde Oberengstringen. Das Dorf direkt an der Zürcher Stadtgrenze war einmal die am schnellsten wachsende Gemeinde der Schweiz. Sie hat immer wieder Menschen aufgenommen, ob aus der Innerschweiz, aus Italien, Kroatien oder aus Deutschland. «Zuwanderung ist hier normal. Auch wenn man nicht von hier ist, so darf man dennoch dazu­gehören. Auch ich fühle mich so nicht als Fremder», sagt Naske. Für ihn sei der grössere Unterschied der zwischen Dorf- und Stadtkirche. Im Vergleich zu seinen Gemeinden in Zürich oder zuvor auch Hamburg sei Kirche im Leben der Menschen in Oberengstringen noch zentraler.

Auch sein Ziel ist es, die Kirche als Ort zu gestalten, an dem sich Menschen aus verschiedenen Milieus begegnen, die sonst nicht zusammenkommen. So veranstaltet er in seiner Gemeinde regelmässig Gospelgottesdienste. Dann seien die Gottesdienste voller und die Kultur eine andere: «Die Menschen sind spontaner und klatschen mit. Ich liebe die Interaktion mit der Gemeinde, wenn ich nicht starr auf der Kanzel stehen muss.» Naske freut sich, dass er solche Ideen in seiner Gemeinde umsetzen kann, die ihn wiederum dafür schätzt, dass er sehr engagiert ist. Sowohl bei Jens Naske als auch bei Heidrun Suter ist das Thema nicht die Herkunft, sondern dass Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen zusammenkommen und sich auf etwas Gemeinsames besinnen.

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