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Reportage

Sind gut gerüstet für die kommenden Wettkämpfe (v. l. n. r.): Isabella Zelies, Nina Lanz, Joshua Sallin (alle U16), Simon Märki (Leiter U16), Redaktor Sacha Beuth, Ryan Rusch (Diskus-Nachwuchs), Werner Kunz (Diskus-Trainer), Chiara Baumann (Diskus-­Nachwuchs), Alkyoni Strati, Flavia Estive und Julia Wengi (alle U16).

Sie meistern alle Hürden

Von: Sacha Beuth

14. Juni 2022

Wie eh und je in seiner 100-jährigen Geschichte legt der Leichtathletik-Club Zürich grossen Wert auf die Ausbildung seiner Nachwuchssportlerinnen und -sportler. Redaktor Sacha Beuth hat ein Training der LCZ-Talente im Letzigrund für die ZSS-Serie beziehungsweise die Serie «Am Puls» begleitet.

Während am letzten Freitag draussen im Letzi­grundstadion die Aufräumarbeiten eines Grosskonzerts noch immer nicht beendet sind, geht es in den Katakomben der Arena schon wieder rund. Im Kraftraum sind Chiara Baumann (20) und Ryan Rusch (19) gerade damit beschäftigt, Gewichte an die Hantelstangen zu legen. Die beiden Nachwuchs-Diskuswerfer des Leichtathletik-Clubs Zürich befinden sich aktuell in der Wettkampfphase, in wenigen Wochen beginnen die Schweizer Meisterschaften. Da ist Krafttraining besonders wichtig. Also wird eifrig gepumpt und gestemmt. «Fang mit 40 Kilo an», empfiehlt Diskus-Trainer Werner Kunz der Bauingenieursstudentin und beobachtet anschliessend genau die Bewegungsabläufe von ihr und Rusch. Ausser dem schweren Atem der beiden Sporttalente ist nichts zu hören. «Schau, dass du die Fersen auf den Boden drückst», korrigiert Kunz nun Elektronik-Student Rusch. Rund 20 Athletinnen und Athleten betreut der 51-jährige Postangestellte beim LCZ. Für jede und jeden stellt er dabei ein individuelles Trainingsprogramm zusammen, bestimmt, wer wann wie viel leisten muss und wie die jeweilige Steigerungskurve verlaufen sollte. «In der Leichtathletik brauchst du sehr viel Selbstdisziplin. Hast du einen schwachen Tag oder stimmt die Leistung nicht, sehen das alle. Anders als im Fussball kannst du dich dann nicht hinter deinen Teamkameraden verstecken.»

Nun ist Baumann wieder an der Reihe. Dieses Mal bringt sie die Hantel nicht voll in die Höhe. Verärgert schüttelt sie den Kopf. Kunz sagt nichts. «Das ist auch nicht nötig. Chiara weiss selbst, was sie falsch gemacht hat.» Die Angesprochene nickt und startet gleich wieder einen neuen Versuch. Drei bis sechs Mal pro Woche trainieren sie und die anderen Diskuswerferinnen und -werfer für jeweils ein bis eineinhalb Stunden. Hinzu kommen die Wettkämpfe an den Wochenenden. Eine zeitintensive Tätigkeit. «Es ist schon nicht immer leicht, Studium und Diskuswerfen unter einen Hut zu bringen», gibt Baumann zu, «aber es ist es wert». «Und es ist ein idealer Ausgleich zum Pauken», ergänzt Rusch.

Inzwischen haben sich weitere Athleten im Kraftraum versammelt. Ist das für einen Trainer nicht umständlich, wenn die Sportler immer tröpfchenweise erscheinen? «Nein. Jeder hat ja sein Programm und soll dieses selbständig umsetzen. Und ich habe dank meines reduzierten Pensums bei der Post die Möglichkeit, ein grosses Zeitfenster abzudecken», erklärt Kunz.

Bei der von Simon Märki betreuten U16 ist es mit der Selbständigkeit dagegen noch nicht so weit her. «Zieht jetzt die Nagelschuhe an!», «Räumt die Startblöcke weg!» – derlei Anordnungen sind für den 30-jährigen Sportmanager Alltag. «Wenn du es mit Teenagern zu tun hast, dann bist du eben nicht nur Trainer, sondern auch Erzieher», sagt Märki und grinst.

Ein bisschen Spass muss sein

Nichtsdestotrotz sind die U16-Talente mit mindestens dem gleichen Einsatz bei der Sache wie ihre älteren Vereinskameradinnen und -kameraden. So auch Joshua Sallin, der sich auf der Indoor-Tartanbahn für einen Hürdenlauf bereit macht. Der 15-Jährige fand über seinen älteren Bruder zur Leichathletik und hat sich das Ziel gesetzt, dereinst als Zehnkämpfer Titel zu gewinnen. Wie vom Trainer zuvor verlangt, hält er beim Lauf über die Hindernisse den «Fünferrhythmus» ein und gibt «Vollgas». «Gut gemacht. Aber du bist noch zu lange oben mit dem Schwungbein», lautet schliesslich das Resümee. Der 13-jährigen Alkyoni Strati gelingt ihr Lauf dagegen nicht ganz so gut. Bei der zweiten Hürde touchiert sie den Balken und stürzt beinahe. «Du warst beim Sprung zu weit weg von der Hürde. Hab mehr Geduld!», lautet der Ratschlag von aussen. Unterdessen unterhält sich Isabella Zelies mit Nina Lanz. Die beiden 14-jährigen Schülerinnen kennen sich von gemeinsamen Zeiten beim Regionalkader und sind seither Freundinnen. Auch weil Zelies im Training immer wieder für ein Spässchen gut ist und so für gute Laune sorgt. «Ein bisschen Spass muss sein, sonst verleidet dir das Ganze irgendwann.» In ihrer Altersstufe wird ebenfalls drei- bis viermal pro Woche trainiert. Zelies erinnert sich noch gut an die Zeit, als sie nahe daran war, hinzuschmeissen. «Meine Schulkameradinnen hatten massenhaft Freizeit, konnten sich jederzeit treffen – nur ich nicht.» Doch dann fand sie im Klub Freundinnen und konnte so auch diese Hürde meistern.

Was nicht heisst, dass Zelies nur den Pausenclown mimt. Gilt es ernst, bleibt das Witzemachen hinter dem Ehrgeiz und der Leistung zurück. Zumal bereits am nächsten Tag wieder ein Wettkampf ansteht. Damit ihr und den anderen U16-Talenten des LCZ ein guter Auftritt gelingt, will es Märki mit dem Training nicht übertreiben. Noch ein paar Wurfübungen mit Bällen, dann beendet er das Training schon um 19.45 Uhr statt erst wie regulär vorgesehen um 20 Uhr. In Grüppchen verlassen seine Schützlinge nun den Letzigrund. Fast alle gehen direkt nach Hause. Auch die älteren Semester, die ebenfalls Trainingsschluss haben. Zusammen noch was trinken oder essen tun die wenigsten. Einzig Isabella Zelis lässt es sich nicht nehmen, mit Nina Lanz noch einen gemütlichen Schwatz zu halten.

 

Jubiläums-Serie (letzte Folge)

Der Zürcher Stadtverband für Sport ZSS feiert heuer sein 100-Jahr-Jubiläum. Das «Tagblatt» widmet dem Dachverband darum eine Artikelserie, in der dessen Tätigkeiten, seine Geschichte, seine ehrenamtlichen Funktionäre und seine Veranstaltungen vorgestellt werden. Ausserdem erzählen Volontäre und Spitzensportler von ihren Erfahrungen und Erlebnissen bei den Jugendsportevents unter dem Patronat des ZSS. In der letzten Folge geht es um den Leichtathletik-Club Zürich LCZ, der heuer ebenfalls sein 100-jähriges Bestehen feiert. Am 15. März 1922 trafen sich im Hotel Beatenhof 26 Mitglieder des FC Zürich, um eine Leichtathletik-Sektion zu gründen. 1928 veranstaltete der Club erstmals das «Internationale Leichtathletik-Meeting», den Vorläufer von «Weltklasse Zürich». 1931 trennten sich die Leichtathleten von den Fussballern und riefen 1934 den eigentlichen LCZ ins Leben. Heute weist der Verein 715 Mitglieder mit 290 Athleten (inklusive Nachwuchs) auf und ist damit einer der grössten Leichtathletik-Clubs der Schweiz. 

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