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Reportage

Ein Bild aus glücklichen Tagen: Elefantenjunge Umesh beim Herumtollen. Bild: Zoo Zürich / Enzo Franchini

Sterbebegleitung im Zoo

Von: Severin Dressen

05. Juli 2022

ZOO INTERN Alle zwei Wochen berichtet das «Tagblatt» über Neues oder Wissenswertes aus dem Tiergarten. Heute geht es um den Tod des Elefantenjungen Umesh, der Dienstag letzter Woche den Folgen einer Herpesvireninfektion erlag.

Als mich die Nachricht erreichte, dass unser zweijähriges Elefantenjungtier Umesh positiv auf das Elefantenherpesvirus getestet wurde, war mir klar: Die Situation ist ernst. Denn vor allem bei jungen Asiatischen Elefanten im Alter zwischen zwei und acht Jahren führt das Virus, respektive die Folgeerkrankung, regelmässig zu Todesfällen. Bis zu 65 Prozent aller Todesfälle junger Asiatischer Elefanten in europäischen und amerikanischen Zoos sind darauf zurückzuführen. Betroffen davon sind vorwiegend die Asiatischen Elefanten – auch in wildlebenden Populationen. Mir war klar, dass wir als Zoo in dieser schwierigen Situation mit ungewissem Ausgang offen und transparent über den Zustand von Umesh informieren wollen.

Bildung durch Miterleben

Der Zoo Zürich versteht sich als Botschafter zwischen Tier und Mensch. Unsere vier Aufgabenschwerpunkte sind Naturschutz, Forschung, Artenschutz und Bildung. Ein moderner Zoo vermittelt Wissen. Durch Ausstellungen, durch Führungen, aber auch durch das öffentliche Zeigen des Zoolebens hinter den Kulissen. Diese Hintergrundaktivitäten beinhalten nicht nur süsse Tiergeschichten oder Geburten von Jungtieren, sondern auch Krankheit und Tod.

So kam es, dass wir bereits kurz nach dem ersten Befund von Umesh die Öffentlichkeit proaktiv über die besorgniserregende Situation aufklärten. Wir führten früh ins Feld, dass der Zustand von Umesh kritisch und sein Tod nicht auszuschliessen sei, da nur 30 Prozent der Behandlungen gegen dieses Herpesvirus erfolgreich sind. In einer Mitteilung beschrieben wir das Virus und mögliche Symptome bei Krankheitsausbruch, ordneten die Situation sachlich ein und erklärten unser Vorgehen. Ein eigens produziertes Dokumentationsvideo zeigt, wie die Therapie von Umesh in der Hintergrundanlage des Elefantenparks aussah und was sie beinhaltete.

Jeden Tag standen mehrere strenge und zeitintensive Behandlungen an, die nach genauen wissenschaftlichen Kriterien durchgeführt wurden. Eine Kuratorin, Tierärzt*innen und Tierpfleger*innen haben sich bei der Arbeit abgewechselt. Leider liessen die Werte, die sich stetig verschlechterten, wenig hoffen. Als der Elefantenbulle nach ein paar Tagen auch noch deutliche Krankheitssymptome zeigte, war allen klar: Die Chance auf eine Heilung ist nur noch gering.

Hoffnung auf Impfstoff

Umesh überlebte nicht, sondern erlag den Folgen der Infektion am Dienstag letzter Woche. Der Jungbulle hat mit seiner tragischen Geschichte aber dazu beigetragen, dass das Problem mit dem Elefantenherpesvirus in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird und dass die Befunde in der Pathologie vielleicht dazu führen, dass zukünftig ein Impfstoff für diese Krankheit entwickelt werden kann.

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