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Reportage

Viele Arbeitnehmer locken Lehrlinge mit Belohnungen

Von: Ginger Hebel

20. August 2019

Lehrstellen: Laptops, Generalabos, Reisegutscheine: Nachwuchs zu finden, ist in vielen Branchen schwierig. Deshalb locken einige Unternehmen die Lernenden mit zusätzlichen Anreizen.

Am vergangenen Montag hat für viele Zürcherinnen und Zürcher der Start ins Berufsleben begonnen. Stadtrat Filippo Leutenegger begrüsste 450 neue Lernende bei der Stadt Zürich. Zehn Stellen sind aktuell noch vakant, als Köchin/Koch, aber auch als Fachfrau/-mann Hauswirtschaft in Alterszentren und Stadtspitälern sowie als Netzelektriker(in)beim EWZ. «Als Gründe wurden uns Reputation der Ausbildungsberufe und angenommen schwierige Zukunftsperspektiven genannt», erklärt Stefan Meier, Leitung Berufsbildung Zürich.

Im ganzen Kanton Zürich konnten 12 111 Jugendliche einen Lehrvertrag abschliessen. Gemäss der Bildungsstatistik des Kantons waren Ende Juli noch 1973 Lehrstellen offen. Das sind knapp sechs Prozent mehr als im Vorjahr. Grund dafür sei unter anderem, dass Lehrverträge zunehmend später abgeschlossen werden. Die meisten Jugendlichen in der Stadt Zürich haben eine Lehrstelle, gehen auf eine Mittelschule oder nutzen andere Brückenangebote. 23 sind aktuell noch ohne Anschlusslösung.

Gratis-GA als Zückerchen

In der Stadt Zürich gibt es 307 Lehrstellen, die auf diesen Sommer noch nicht besetzt werden konnten. Auf der Lehrstellenbörse Yousty.ch finden Jugendliche die meisten Ausbildungsplätze als Coiffeur/Coiffeuse, Koch/Köchin, Restaurantfachmann/-frau und Elektroinstallateur(in). Auch im Verkauf sind noch diverse Stellen offen.

Detailhändler haben sich zum Ziel gesetzt, das Angebot für die Lernenden auszubauen und attraktiver zu gestalten. Dafür locken sie mit «Goodys». Bei Discounter Lidl erhalten alle 59 Lernenden per Lehrstart ein kostenloses Generalabonnement, auch die Kosten für die Lehrmittel werden übernommen. «Tatsächlich ist die Suche nach Lernenden eine Herausforderung. Wir sind aber überzeugt, dass wir mit unserem Angebot punkten können», sagt Corina Milz von Lidl Schweiz. Bei Otto’s haben 25 Jugendliche ihre Lehre begonnen. «Wir finanzieren ihnen alle Lehrmittel im Wert von 500 bis 600 Franken», sagt Rolf Mühle, Verantwortlicher Lernende bei Otto’s.

Bei Coop profitieren die über 3000 Lernenden von Angeboten wie zum Beispiel einem 500-Franken-Gutschein für einen Laptop und einem Gratis-Halbtax-Abo beziehungsweise einer Beteiligung am GA im Wert von 650 Franken. Die Migros übernimmt sämtliche Kosten für die Schulbücher, beteiligt sich finanziell an Sprachaufenthalten und stellt einen eigenen Business-Laptop zur Verfügung. Neu hat die Migros-Gruppe zudem eine Berufsbildungsplattform lanciert. Lernende stellen unter dem Motto «Deine Lehre. Deine Perspektive» ihre Berufe online gleich selber vor, um andere Jugendliche zu animieren.

Michèle Rosenheck, Direktorin des Stadtzürcher Laufbahnzentrums, glaubt nicht, dass sich Jugendliche bei der Berufswahl primär von materiellen Reizen locken lassen. «Wichtiger ist den Jugendlichen eine gute Atmosphäre im Lehrbetrieb. Sie wollen ernst genommen und gefördert werden.» Bei Aldi Suisse wird Fleiss belohnt. So bekommt jeder Jugendliche nach erfolgreichem Lehrabschluss einen Warengutschein im Wert von 100 Franken. Bei einem Abschluss mit der Note 5 oder besser winkt gar ein Reisegutschein im Wert von 1000 Franken. «Dadurch, dass der Anteil an Studierenden stetig zunimmt, nimmt die Zahl derer, die eine Lehre im Detailhandel anstreben, ab», erklärt Philippe Vetterli von Aldi Suisse. Dabei sei die Branche durchaus krisensicher. «Angefangen haben wir im Jahr 2007 mit zehn Lehrstellen. Durch unser wachsendes Filialnetz steigt die Anzahl an Lehrstellen stets», betont Vetterli. Diesen Monat haben über 100 Lernende ihre Ausbildung bei Aldi Suisse begonnen.

Aufgrund der prognostizierten demografischen Entwicklungen in den kommenden Jahren werden wieder mehr Lernende eine Berufslehre starten. Bis im Jahr 2030 benötigt es ungefähr ein Viertel mehr Lehrstellen.

Weitere Informationen:
www.stadt-zuerich.ch/lehrstellen

www.yousty.ch

Was ist Ihre Meinung zum Thema? echo@tagblattzuerich.ch

 

 

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