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Reportage

Das Autograf von «Stille Nacht» stammt vom Komponisten des Werks, Conrad Franz Xaver Gruber, das er wahrscheinlich um 1860 unter dem Titel: «Kirchenlied / auf die / heilige Christnacht» erneut niederschrieb, und ist im Salzburg-Museum in Salzburg ausgestellt. Bild: PD.

Welthit feiert Jubiläum

Von: Isabella Seemann

11. Dezember 2018

WEIHNACHTEN Vor 200 Jahren erklang das Lied zum ersten Mal in einem Weihnachtsgottesdienst. Heute singen Abermillionen Menschen auf der ganzen Welt «Stille Nacht». Sein Zauber ist ungebrochen.

24. Dezember 1818: Zwei Jahrzehnte Krieg sind zu Ende, Millionen Menschen tot. Bitterste Armut, Hunger und Seuchen herrschen in weiten Teilen des Kontinents. So auch im kleinen Oberndorf bei Salzburg. Der junge Hilfspriester der St.-Nikolaus-Kirche, Joseph Mohr, will in all dem Elend ringsum den Dorfbewohnern zumindest eine Trost und Zuversicht spendende Weihnachtsmesse bieten, die sie wieder aufrichtet. Doch oh weh, die Orgel ist kaputt. Wahrscheinlich hat ihr die Kälte und Feuchtigkeit zugesetzt, oder vielleicht hat auch eine Maus die Blasebälge angeknabbert. Aber eine Weihnachtsmesse ohne Musik kommt für Joseph Mohr nicht infrage. Er eilt ins Nachbardorf zu seinem Freund Franz Xaver Gruber, Organist und Lehrer, zieht ein Papier aus der Rocktasche, das er vor zwei Jahren vollgekritzelt hatte, und fragt Franz: «Kannst du dieses Gedicht vertonen?»

Tränen der Rührung

Franz Xaver Gruber schreibt noch gleichentags die Melodie dazu – für zwei Männerstimmen und Gitarrenbegleitung. Als in dieser Weihnachtsnacht der Mitternachtsgottesdienst zu Ende ist, treten die beiden Freunde vor den Chor und stimmen an: «Stille Nacht, heilige Nacht …» Die Melodie erfüllt den Kirchenraum. Die Menschen hören ergriffen zu – manche mit Tränen der Freude und der Rührung in den Augen.

Aber warum bewegt dieses einfache Lied die Menschen von damals und heute so sehr? Eine mögliche Erklärung hat der Gesangs- und Musikpädagoge Christian Ebersberger aus Zürich-Fluntern, der auch als Gesangssolist und Organist tätig ist und in der Adventszeit als Chorleiter zahlreicher Jugendchöre mit Weihnachtsliedern auftritt: «Das Lied ‹Stille Nacht› berührt die Menschen auf der ganzen Welt sowohl aufgrund seiner schlichten, sehr sanglichen und überaus eingängigen Melodie als auch wegen seines berührenden Texts, der mit der weihnachtlichen Kernaussage ‹Jesus der Retter ist da!› den menschlichen Wunsch nach Frieden, Geborgenheit und Liebe unmittelbar anspricht.»

Von Tirol in die ganze Welt

Denn als das Lied in der Weihnachtsnacht vor 200 Jahren ausklingt, ist die Geschichte noch lange nicht zu Ende. Im Gegenteil. Als im neuen Jahr doch noch ein Orgelbauer vorbeikommt, um die Orgel zu reparieren, nimmt er die Noten von «Stille Nacht» mit in seine Heimatgegend, nach Tirol. Von dort wiederum tragen Handwerker und Warenhändler das Lied in alle Ecken Europas, wo sie auf Märkten ihre Dienstleistungen und Waren feilbieten und Lieder aus ihrer Heimat vorführen. Mit den berühmten Sängerfamilien gelangt das «Tyroler-Lied» schliesslich in die Vereinigten Staaten, wo es vor der Saint Patrick’s Cathedral in New York aufgeführt wird. 40 Jahre nach der Uraufführung erscheint die erste englische Übersetzung. Missionare tragen schliesslich zur weltweiten Verbreitung des Liedes bei und bringen es in entlegenste Erdteile.

In 300 Sprachen und Dialekte übersetzt

Heute wird «Stille Nacht» rund um den Erdball von zwei Milliarden Menschen gesungen. Übersetzt in über 300 Sprachen und Dialekte, berührt das Lied Männer und Frauen aus allen sozialen Schichten, Nationen und Konfessionen. Und fast jeden Menschen verbindet seine ganz eigene Geschichte mit dem Lied. So auch den Zürcher Musiker Christian Ebersberger: «Als kleiner Bub hatte ich von meinen Grosseltern zu Weihnachten eine Spieluhr in Form einer von Engeln umrahmten Kirchenorgel geschenkt bekommen, die das Lied ‹Stille Nacht› spielte, wenn ich das Spielwerk aufzog», erzählt er. «Ich habe die zarte Melodie heute noch im Ohr ... Damals ahnte ich nicht, dass ich später einmal ebendieses Instrument und den Gesang studieren sollte und heute vielen Menschen mit diesem schönen Lied gerade zu Weihnachten eine Freude bereiten darf.»

Bücher zu gewinnen

Der in Oerlikon ansässige Kinderbuchverlag Nord Süd publiziert zum 200-Jahr- Jubiläum von «Stille Nacht» die Geschichte der Entstehung und Verbreitung des weltberühmten Weihnachtslieds. Brigitte Weninger, Julie Wintz- Litty: «Stille Nacht – Ein Lied geht um die Welt», 19.90 Franken Das «Tagblatt» verlost 3 Exemplare von «Stille Nacht». Senden Sie uns eine E-Mail mit Namen, Adresse, Telefon und Betreff Liedbuch an: gewinn@tagblattzuerich.ch.

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