mobile Navigation

Stadtratskolumne

Richard Wolff

敬清

Diese Fussball-Weltmeisterschaft war bisher emotionsgeladen wie noch selten: die Schweizer mit dem 1:1-«Sieg» gegen Brasilien, das Gstürm um den Doppeladler, das Aus gegen Schweden. Aber auch das Favoritensterben: die Deutschen raus in der Vorrunde, Argentinien, Portugal, Spanien – raus im Achtelfinal und Brasilien Endstation im Viertelfinal. Abend für Abend haben die Public Viewings und das schöne Wetter Abertausende ins Freie gelockt – die Stadt war eine einzige grosse friedliche und freudige Festhütte. Die Stadtreinigung sorgt auch in solchen Zeiten dafür, dass regelmässig wieder alles sauber ist. Vielen Dank. Auch ich habe einige Matches live mitverfolgt.

Neben dem Fussballerischen ist mir als neuem Vorsteher des Tiefbau- und Entsorgungsdepartements vor allem ein Phänomen besonders aufgefallen: die japanischen Fussballfans, die nach den Spielen ihrer Mannschaft ihren Abfall eingesammelt und mitgenommen haben. Ich habe mir erklären lassen, dass dieses Verhalten in der japanischen Gesellschaft tief verankert sei. Im Grunde geht es um die Prinzipien Respekt (敬) und Reinheit (清), die in der japanischen Kultur zentral sind. Die Japaner empfinden es als unzumutbar, dass andere ihren Abfall wegräumen. Deshalb erledigen sie das selber und nehmen den Abfall mit nach Hause. Das ist auch ein Grund dafür, dass es in Japan im öffentlichen Raum keine Abfalleimer gibt. 

Genauso bemerkenswert finde ich, dass die Putzaktionen der japanischen Fussballfans Nachahmer fanden. Senegalesische, kolumbianische und saudiarabische Fans schnappten sich Plastiksäcke und räumten nach japanischem Vorbild ihren Abfall zusammen. 

Wir wissen aus der Forschung, dass Abfall neuen Abfall anzieht. Wenn auch das Umgekehrte gelten würde, dass Aufräumen zum Aufräumen animiert, wäre das ein Gewinn für uns alle.  

zurück zu Stadtratskolumne

Artikel bewerten

Leserkommentare

Keine Kommentare

Für diesen Eintrag werden keine Kommentare mehr angenommen