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Stadtratskolumne

Gerold Lauber

Chiuso per ferie?

Es waren schwierige Jahre vor 2000. Zürich war wenig attraktiv, eine Stadt für Arme, Alte und Arbeitslose. Familien zogen häufig vor Schuleintritt der Kinder weg, Stadtluft machte nicht mehr frei wie einst. Sparpakete wurden geschnürt, dringende Instandstellungen aufgeschoben und es herrschte allgemein Katerstimmung und Drogenelend.

Dann kamen bessere, gar sehr gute Jahre. Vieles wurde nachgeholt, Schulhäuser renoviert und neu gebaut, es wurde investiert in Sicherheit und Verkehr, Gesundheit und ausserfamiliäre Kinderbetreuung. Zürich wurde zur attraktiven Braut, ganze Stadtteile entstanden neu, erschlossen durch neue Tramlinien. Firmen, junge Leute und Familien zogen zu, heute sind wir 395‘000 ZürcherInnen und es sollen bis 2025 440‘000 werden, wie 1960 schon mal. Bekanntlich kann’s auch anders kommen.

Die Kehrseite des Erfolges: Wohnungen wurden teuer, Schlechtverdienende verdrängt und in Trams und auf Strassen wird’s immer enger. Stark steigende Schülerzahlen verlangen nach mehr Lehrpersonen und neuem Schulraum. Das alles schlägt auf der Aufwandseite zu Buche, die Grossbanken sind als gute Steuerzahler längere Zeit ausgestiegen und so stellt sich daher die Frage nach dem ‚Was nun‘?

Eine Notbremsung bis zum Stillstand hinterlässt dicke Bremsspuren, das Wiederaufstarten danach ist aufwendig und kommt oft zu spät. Ratsamer wäre wohl Dampf wegnehmen, Ladung überprüfen und allfälligen Ballast über Bord werfen. Das stellt uns alle, die wir in dieser Stadt wohnen und arbeiten, vor eine Herausforderung. Es braucht die Einsicht und das Verständnis aller, dass nicht mehr alles ganz so schnell oder in der gewohnt exzellenten Qualität zu haben sein wird.

So kommen wir über die Runden. An den Toren der Stadt bleibt das Schild hängen: ‚aperto‘ - das ‚Chiuso per ferie‘ auf der Rückseite können wir uns nicht leisten.

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