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Stadtratskolumne

Gerold Lauber

Der lange Arm des Sultans

Seit Jahren fahre ich auf meinem Arbeitsweg täglich an der «SERA-Schule» vorbei. 2010 war ich Gast an der Eröffnungsfeier, kürzlich eingeladen anlässlich der Schliessung. Die Schule hat mich beeindruckt, sie hat die Volksschule in ihrem Ziel zur Bildungsgerechtigkeit unterstützt und viele junge Menschen mit Migrationshintergrund auf dem Weg zur Berufswahl begleitet. 

Warum das Aus? Angst der Eltern vor Repression und Verfolgung. Im fernen Anatolien trauert Herr Erdogan dem grossen osmanischen Reich nach, sieht sich als Sultan mit Kaiserstatus und lässt sich vorerst mal zum Präsidenten auf Lebzeiten küren. Der verabscheuungswürdige Putschversuch bot ihm die Chance, jede Zurückhaltung abzulegen.

Weit über 150‘000 Beamte, LehrerInnen, ProfessorInnen, RichterInnen, Staatsanwälte, Polizeibeamte und Verwaltungsangestellte wurden entlassen, über 100 Medien verboten und geschlossen, JournalistInnen und oppositionelle Politiker verschwanden, über 50‘000 Menschen in Haft gesetzt. In Gefängnissen wurde Platz geschaffen durch Entlassung wirklich Krimineller. Erdogans Häscher sind überall. Auf Auslandreisen begleiten ihn Schlägertrupps, die türkische Demonstranten verprügeln; Aufruf zur Denunziation weltweit. Mit Erfolg. Schulen schliessen und im Ausland lebende TürkInnen wagen sich nicht mehr in ihre Heimat, an die Gräber ihrer Eltern.

Die Türkei ist tief gespalten. Am Ende eines 450 km langen «Gerechtigkeitsmarsches» unter brütender Hitze fanden sich in Istanbul 1.5 Millionen Menschen zum friedlichen Protest gegen Erdogans Regime zusammen.Das kann kein gutes Ende nehmen.

Momentan sind des Sultans Häscher noch überall und Vorsicht ist geboten. Ich bin am Heuen hoch über dem Urnersee, im strategischen Schlüsselgelände der alten Eidgenossen. Hier kenne ich Pfade, auf denen die mir nicht folgen werden. 

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