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Stadtratskolumne

Gerold Lauber

Ich bin dann mal weg

Wie Sie wohl auch bin ich Besitzer und Nutzer eines Mobiltelefons. Es begleitet mich von frühmorgens bis zum Einschlummern. Nachts tankt es auf, und am Morgen versorgt es mich wieder mit allem Aktuellen. Als «stolzen» Besitzer würde ich mich nicht bezeichnen, es fehlt die Exklusivität. Exklusiv wäre wohl eher der Nicht­besitz. Trifft dies bei Ihnen zu, herzliche Gratulation!


Man trifft sie heute allenthalben: in der Badi wie am Skilift, in Tram und Zug immer, im Auto verbotenerweise, etwas heimlich im Kino und im Konzert, an Sitzungen zurückhaltend, ­unanständig offen oder gelangweilt demonstrativ, in der Kirche eher (noch) heimlich und – wo eigentlich nicht?


Vielseitig sind sie schon. Ich bin immer erreichbar, muss das sein, über verschiedenste Kanäle, ich weiss immer, wo ich bin oder sein sollte. Ich weiss Bescheid über Wetter- und Lawinenprognosen. Google weiss die Antwort auf alle meine Fragen und vieles, das ich gar nicht wissen will. Ich habe zahlreiche Netzfreunde, die ich zum Teil sogar persönlich kenne (!). Ich erhalte rund um die Uhr Nachrichten von den neusten Geschehnissen aus aller Welt. Mein Handy kann rechnen, filmen, fotografieren; Musik, Filme und Unterhaltung sind im Angebot; es verfügt über Kompass und Höhenmeter; übersetzt in alle Sprachen. Es weiss, was eine Flasche Wein so kostet im Handel, ich kann mich mit Frau Siri nett unterhalten und über sie meine Wünsche mündlich anbringen. Und: Ich brauchs zum Telefonieren, etwas altmodisch! Es weiss und kann alles, viel mehr noch als ich weiss, dass es weiss und kann.


Kürzlich bin ich am Morgen ohne ausgerückt – habs vergessen. Ich musste Entzugssymptome feststellen. Nun mach ich mich für ein paar Tage auf in die Ferien, zur freiwilligen Therapie, und es gilt: Ich bin dann mal weg!

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