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Stadtratskolumne

Ruth Genner

Leben im Quartier

Nach einem Auslandsemester zog ich 1980 nach Wollishofen. Dieses Quartier wurde in all den Jahren zu «meinem Quartier» in der Stadt: Hier spazierte ich mit meinen kleinen Kindern, begleitete sie am Anfang in den Kindergarten, dann zum ersten Schultag . . . In diesem Quartier spielten wir am See und auf Spielplätzen. Wir hatten als Familie verschiedene Wohnorte in Wollishofen, aber irgendwie war in all den Jahren klar, hier in diesem Umfeld, mit den Bekannten und Freunden, wollten wir bleiben. Schliesslich bauten wir eine Scheune zu einem Wohnhaus um und pflanzten Obstbäume. So wurde das Quartier für mich zum Lebensort, wo ich nun schon viele Jahre wohne.

An einer Quartierveranstaltung zu Verkehrsprojekten in Wollishofen in der vergangenen Woche habe ich gemerkt, dass viele Anwesende auch so eine lange Geschichte im Quartier haben: Sie kennen jede Ecke und viele Gesichter, und sie wollen, dass die Veränderungen im Quartier sinnvoll sind und sich gute Entwicklungen ergeben. Das Gleiche wollen auch das Tiefbauamt und ich als Stadträtin. Das machte die Diskussion interessant.

Bei Verkehrsprojekten haben aber nicht alle die gleiche Sicht. Die einen wollen bessere Verhältnisse fürs Velo. Andere wollen ein schnelleres Durchkommen für Autos. Im Quartierzentrum Morgental/Mutschellenstrasse will das Tiefbauamt mehr Fläche für die Fussgängerinnen und Fussgänger schaffen, weil da viele Leute auf den öffentlichen Verkehr umsteigen oder einkaufen gehen. Ein anderer Teil der Diskussionen drehte sich darum, was sinnvoll oder sicherere ist für die Kinder.

Die Schlussfolgerung war: Die Stadt kann keine idealen Verhältnisse schaffen. Es geht gar nicht, weil der Platz fehlt für eine Standardlösung mit Velowegen, Trottoirs, Tramgleisen, Auto­spuren und Rettungsachse. Wir können lediglich einen Kompromiss anbieten. Ich hoffe, das wird verstanden.

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