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Stadtratskolumne

Andres Türler

Mehr Gelassenheit!

Kolumnen zum Jahreswechsel haben es in sich. Gute Ratschläge und Floskeln hat man satt, Vorsätze sind Privatsache, und die aktuelle Weltlage mag man auch nicht kommentieren, weil alles, was man darüber schreibt, entweder schon gesagt wurde, viel mehr Platz brauchen würde als die hier vorgegebene Anzahl Zeichen oder schlicht und einfach zu platt wirkt ob der ganzen Komplexität der Dinge. So versuche ich es denn auf eine andere Tour. Vor kurzem bin ich auf ein chinesisches Sprichwort gestossen, das mir nicht mehr aus dem Kopf geht: «Besässe der Mensch Gelassenheit, so wäre ihm fast nichts unmöglich.» Klingt gut – ist aber schneller gesagt als getan, jedenfalls was mich betrifft. Niemand würde mich nämlich als gelassenen Menschen bezeichnen. Auch ich selber nicht.
Gelassenheit heisst, sich nicht aufzuregen – wenn der Computer nicht ausführt, was ich eingegeben zu haben glaube, wenn der Kühlschrank entgegen allen Hoffnungen beim Nachhause-
kommen leer ist oder wenn ich mir unmittelbar vor der Sitzung die Hosen zerreisse. Gelassenheit heisst auch, Geduld zu haben und Ruhe zu bewahren – wenn ich vor der Kasse in der falschen Schlange stehe, im Restaurant auf die Bedienung warten muss oder wenn das Tram (ausnahmsweise) Verspätung hat. Was sind schon fünf Minuten, gemessen an einem Tag, einem Jahr oder einem ganzen Leben?

Ich bin gespannt, wie lange mich das chinesische Sprichwort begleiten wird im neuen Jahr und was alles an Unmöglichem möglich wird damit. An Wunder glaube ich zwar schon lange nicht mehr, aber die Hoffnung stirbt zuletzt. In diesem Sinne hoffe ich auch, dass sich das Weltgeschehen beruhigt, und wünsche Ihnen ein gutes neues Jahr.

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