Stadtratskolumne
Moment mal
Von: Daniel Leupi
Viele nehmen das Leben in der Stadt als anonym wahr. Manche schätzen es, wortlos aneinander vorbeigehen zu dürfen. Andere suchen eher das Gemeinschaftliche. Ich mag es, die Fremdheit bei zufälligen Begegnungen zu durchbrechen.
Oberhalb der Kornhaus-Brücke hielt ich kürzlich mit dem Velo vor dem Rotlicht. Zwei junge Frauen, die zu Fuss unterwegs waren, sprachen neben mir angeregt über ihren Werdegang. «Hey, in den letzten acht Jahren ist so viel passiert!», sagte die Eine, worauf die Andere erwiderte: «Wo stehen wir wohl in acht Jahren?». «Vielleicht wieder hier?», warf ich spontan ein. Die Beiden schauten zu mir rüber, überrascht und amüsiert. Gleich darauf wurde es grün und wir gingen und fuhren wieder unserer Wege.
Als ich neulich in der Enge einen Laden verliess, stellte sich ein etwa vierjähriger Junge, der gerade am Laden vorbeikam, in die für einen Moment offenstehende Tür. Doch seine Mutter winkte mit einem «Kein Geld dabei» ab und bedeutete ihm, weiterzulaufen. «Was, kein Geld?», fragte der Junge ungläubig. «Das kanns geben», warf ich ein, während ich meine Einkäufe aufs Velo packte. Er war zuerst verblüfft, um mir eine Zehntelsekunde später mit stolzem Blick zu erklären: «Ich habe Geld!». Dazu streckte er mir drei Finger ent- gegen. «Drei Franken?», antwortete ich beeindruckt. Er nickte, drehte sich um und lief weiter. Seine Mutter und ich schauten uns amüsiert an.
Wie geht es Ihnen mit dem Zusammenleben in der Stadt? Nutzen Sie auch immer wieder mal Momente im Alltag, um miteinander in Kontakt zu kom- men?
PS. Im Übrigen bin ich der Meinung, dass der Regierungsrat die Sans-Papiers regularisieren sollte.
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