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Stadtratskolumne

Gerold Lauber

Räge - Rägetröpfli

. . . «es rägnet uf mis Chöpfli». Sie kennen dieses Chinderliedli. Die letzten Wochen wurden nicht nur «d  Blüemli nass und alli Steindli uf de Gass» – der Sommer hat sich schlicht verweigert und seine Aufgabe neu interpretiert. Unwetter und Riesenschäden weit herum im Land, die Menschen auf der Flucht in den Süden, gestoppt am Bollwerk Gotthard im täglich stundenlangen Stau. Im hohen Norden hingegen Trockenheit, Brände in Schwedens sonst eher moosfeuchten Wäldern. Das ist nicht eine verkehrte Welt, sondern unsere gemässigte Klimazone mit ihren Gegensätzen und Unwägbarkeiten; Jahreszeiten, wechselhaftes Wetter und Temperaturschwankungen machen diese interessant.

Ich bin diesen Sommer in Gebieten gewandert, durch die ich bisher nur jeweils im Winter meine Skispuren zog. Was sich im Winter kalt, abweisend und lebensfeindlich präsentiert, zeigt sich nun von einer ganz anderen Seite. Schmetterlinge und Insekten tanzen um Blumen und Blüten, die Pflanzen strecken sich im Wettbewerb dem Licht entgegen, Murmeltiere liegen satt an der Sonne, Vögel zwitschern, ein Fuchs wird gestört und macht sich davon, Rehe und Gämsen haben den kargen, strengen Winter vergessen und wissen das Überangebot an Komfort kaum zu schätzen. Ich komme an einem Hang vorbei, welcher vor 2 Jahren Ort eines Lawinenunglücks war. Nichts erinnert mehr an die Tragödie, friedliche Stimmung, das Gras wiegt sich in sanfter Brise, Schmetterlinge flattern, und die Alpenblumen duften. Alles macht auf Unschuld, verdrängt Erfahrung und Wissen, dass es bald wieder anders kommt, kommen muss.

Auch der Sommer ist noch nicht am Ende, hat noch etwas Zeit, sich mit uns zu versöhnen. Notfalls springt der Herbst dann ein, oder auch nicht. Keiner weiss es, und das ist gut so, macht unsere gemässigte Klimazone so spannend und lebenswert. 

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